Christoph Harrach Yogabaum

Dr. Christoph Harrach – Yoga der Nachhaltigkeit

Innere Pfade für das gute Leben

»Ohne Frieden kann es keine nachhaltige Entwicklung geben
und ohne nachhaltige Entwicklung keinen Frieden.«

(Vereinte Nationen 2015: 2)

Der Ökonom und Yogalehrer Dr. Christoph Harrach geht ausführlich der Frage nach, inwiefern die Philosophie und Praxis des Yoga einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten können. Dabei wird deutlich, dass Yoga als spiritueller Übungsweg den Blick von den äußerlichen Strukturen in das Innere des Menschen lenkt, um die gewünschten Veränderungen hin zu einer gerechten und gesunden Welt zu erreichen. 

Wie können wir so leben, dass Frieden oder Sanskrit Shanti für alle Menschen möglich ist? Der vorliegende Artikel möchte einen Versuch wagen, diese Frage aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln zu beantworten, deren Wechselwirkungen bisher noch nicht ausreichend untersucht und diskutiert wurden. Und das, obwohl beide Perspektiven eine hohe Relevanz für unsere heutige Gesellschaft besitzen. Erstens wird in der öffentlichen und politischen Diskussion deutlich, dass die Art und Weise, wie wir heute (insbesondere in den westlichen Industrienationen) leben, nicht zukunftsfähig ist. Unsere Konsum- und Spaßgesellschaft verbraucht durch einen materialistischen Lebensstil zu viele natürliche Ressourcen, was jedoch durch das Ideal eines stetigen Wirtschaftswachstums politisch legitimiert wird. Gleichzeitig werden Zeichen des Wandels auch über Proteste der »Fridays for Future«-Bewegung hinaus sichtbar: Wenn z. B. vor der Bildung einer neuen Bundesregierung fast 70 deutsche Großunternehmen öffentlich an diese appellieren, »eine Umsetzungsoffensive für Klimaneutralität« schnellstmöglich auf den Weg zu bringen (Stiftung 2 Grad 2021), ist das ein deutliches Signal, dass das Thema Nachhaltigkeit aus der »Müsli-Ecke« in der gesellschaftlichen Mitte und bei den Entscheidungsträger:innen angekommen ist. Die anstehende notwendige Veränderung unserer Lebens- und Wirtschaftsweise stellt eine große Herausforderung für die gesamte Menschheit dar und es gibt unzählige Ideen, wie diese umgesetzt werden kann. Bei der Suche nach geeigneten Lösungen für die »Große Transformation« (Schellnhuber et al. 2011) liegt ein Fokus eher auf technologischen und weniger auf sozialen Innovationen. Neben diesen politischen und wirtschaftlichen Veränderungen ist in den westlichen Ländern ein Trend von alternativen Heilmethoden zu beobachten. Auf der Suche nach einem gesunden Körper und Geist nimmt die Bedeutung fernöstlicher Heilmethoden zu. Eine populäre und an die westliche Kultur anschlussfähige Disziplin kommt aus Indien. Yoga hat als praktisches Übungssystem zur Gesunderhaltung in den letzten Jahrzehnten eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz gewonnen. Bei der Beschäftigung mit den Effekten einer Yogapraxis finden sich neben den vielfältigen positiven gesundheitlichen Wirkungen auch erste Hinweise dafür, dass Yoga sich auch positiv auf die gesellschaftliche Entwicklung auswirken kann. 

»Lokāḥ Samastāḥ Sukhino Bhavantu.«

(Sanskrit: Mögen alle Wesen Glück und Harmonie erfahren.)

Dieser Artikel möchte untersuchen, ob die Philosophie und Praxis von Yoga das Potenzial besitzen, Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Dazu soll nach inhaltlichen und konzeptionellen Schnittstellen gesucht werden, über die diese beiden Themen miteinander in Beziehung gesetzt werden können. Es geht also konkret um die Frage, ob bzw. wie eine individuelle Yogapraxis inklusive ihrer philosophischen Aspekte die politischen Ziele der nachhaltigen Entwicklung fördern kann. Dabei soll Nachhaltigkeit im Sinne der Vereinten Nationen als ein Zustand verstanden werden, bei dem durch die Sicherung von ökologischem und sozialem Gleichgewicht sowie partnerschaftlicher globaler Zusammenarbeit und der Förderung von Wohlstand ein globaler Frieden für alle Menschen auf diesem Planeten erreicht werden soll. Kurz gesagt: Weltfrieden durch politische Beschlüsse. Die Idee eines solchen Weltfriedens ist uralt und findet sich als erster konzeptioneller Bezugspunkt auch in den jahrtausendealten philosophischen Schriften des Yoga wieder, z. B. in den sogenannten »Shanti-Mantras« (Friedensgebeten) oder in den Weisheiten der Bhagavad Gita. Im Yoga wird, anders als im politischen Diskurs, jedoch die Perspektive eingenommen, dass Frieden in der äußeren Welt nur dann entstehen kann, wenn wir Frieden in unserem Inneren kultiviert haben. 

Ausgehend von dem gemeinsamen Ziel des Weltfriedens und der These, dass Transformation im Außen nur durch einen Bewusstseinswandel geschehen kann, soll in diesem Artikel die Idee »Yoga der Nachhaltigkeit« entwickelt werden. Zur Herleitung dieses neuen Ansatzes wird im ersten Schritt die politische Idee einer nachhaltigen Entwicklung dargestellt. Dazu zählt insbesondere die Erläuterung der sogenannten »Fünf Ps« (People, Planet, Prosperity, Partnership und Peace) als die fünf wichtigen Säulen der Nachhaltigkeit. Auch soll aufgezeigt werden, dass psychologische Aspekte und ein neues Wohlstandsverständnis sowie eine Diskussion über das rechte Maß für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung unerlässlich sind. Daran anschließend wird im zweiten Schritt in das Thema Yoga eingeführt und mit den sogenannten »Fünf S« (Sangha, Seva, Sattva, Sadhana und Sampatti) eine Synthese wichtiger Yogaprinzipien vorgenommen. Im dritten Schritt sollen dann die Yogaprinzipien den Säulen der Nachhaltigkeit zugeordnet werden, um so das Konzept »Yoga der Nachhaltigkeit« theoretisch abzuleiten. Dieses Konzept dient der abschließenden Reflexion, inwiefern die Yogaphilosophie und -praxis auf privater Ebene einen Schlüssel darstellen kann, um die gesellschaftliche Transformation hin zu einem globalen Weltfrieden im Sinne der Agenda 2030 zu fördern.

Bevor ich mit den weiteren Inhalten fortfahre, möchte ich zweien meiner wichtigen Lehrer danken, die mir das notwendige Wissen und Einsichten vermittelten, um diesen Artikel zu verfassen. Als Erstes möchte ich Sukadev Volker Bretz, dem (Mit-)Gründer des Yoga Vidya e. V., danken. Er lehrt mir den Integralen Yoga in der Tradition von Swami Sivananda und begleitet mich bereits seit vielen Jahren auf diesem Übungsweg. Besonderer Dank gilt auch meinem Doktorvater Prof. Dr. Ulf Schrader, bei dem ich die transdisziplinären Nachhaltigkeitswissenschaften verstehen und Kompetenzen des kritischen wissenschaftlichen Denkens üben durfte, die eine weitere Säule dieser Arbeit darstellen. 

Die große Krise – Nachhaltigkeit

Vor dem Hintergrund sich verschärfender sozialer, ökologischer und ökonomischer globaler Herausforderungen gewinnt das Thema Nachhaltigkeit zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung. Man versteht darunter ein aus der Forstwirtschaft stammendes Konzept, nach dem die Menschen nicht mehr Holz dem Wald entnehmen sollten als auf natürliche Weise nachwachsen kann (von Carlowitz 1713). Die daraus politisch abgeleitete Idee einer nachhaltigen Entwicklung beschreibt »eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können« (Brundtlandt et al. 1987: 51). Die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen 2015 verabschiedete »Post-2015-Entwicklungsagenda« (Vereinte Nationen 2015: 1) stellt einen neuen völkerrechtlichen Bezugspunkt für eine zukunftsfähige Entwicklung dar. Diese »Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung« schreibt in 17 Zielen (engl. Sustainable Development Goals, SDGs) ein umfassendes globales Wohlstandsverständnis fest. Zur Erreichung dieses Wohlstandes werden in der Präambel die sogenannten »Fünf Ps« als Kernbereiche vorangestellt, die als handlungsleitende Prinzipien zur Erreichung der 17 Ziele gelten sollen: People, Planet, Prosperity, Peace and Partnership (Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft). Dabei stellt der Aspekt »Frieden« das Oberziel der nachhaltigen Entwicklung dar und »Partnerschaft« kann als Synonym für eine geteilte Verantwortung von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen verstanden werden.

»Alle Menschen sollen sich nach ihren Fähigkeiten und Neigungen entwickeln und so ihr volles Potenzial ausschöpfen können.«

Konsumgesellschaft. Diese beruht nämlich darauf, dass möglichst viele Im Bereich »People« steht die Menschenwürde im Mittelpunkt aller politischen Entscheidungen und Handlungen.

Alle Menschen sollen sich nach ihren Fähigkeiten und Neigungen entwickeln und so ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Besonderes Augenmerk legt die soziale Dimension der Nachhaltigkeit auf die Menschenrechte, die Reduzierung von Ungleichheit und die Verbesserung der Lebenssituation besonders benachteiligter Bevölkerungsgruppen, vor allem in Konfliktländern und den am wenigsten entwickelten Ländern. Bei »Planet« geht es um unsere Verpflichtung, den Planeten als unsere primäre Lebensgrundlage umfänglich zu schützen, damit auch künftige Generationen ein gutes Leben in einer intakten Umwelt führen können. Zur ökologischen Dimension zählen der Schutz von Meeren und Ozeanen, der Erhalt von Ökosystemen und Biodiversität, die Bekämpfung des Klimawandels sowie ein maßvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ 2021). 

Um diese hohen Ideale umzusetzen, braucht es neue Kooperationen (Partnership) und ein neues ganzheitliches Wohlstandsverständnis (Prosperity). Bisher werden in Politik, Wissenschaft und Praxis überwiegend solche Ansätze diskutiert, die auf dem alten Paradigma des Wirtschaftswachstums beruhen, welches z. B. auch in Ziel 8 der Nachhaltigkeitsziele gefordert wird. Durch technologische und organisatorische Innovationen sollen Effizienz- und Produktivitätssteigerungen zu einer Entkopplung von Ressourcenverbrauch führen, was gleichzeitig ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum bewirken soll. Es wächst jedoch die Erkenntnis, dass dieser Ansatz »alleine nicht ausreichen wird, da erfahrungsgemäß sogenannte Rebound-Effekte technische Effizienzfortschritte immer wieder ›auffressen‹. So haben etwa weder erheblich effizientere Motoren noch um Faktoren verbesserte Verstromungsanlagen zur absoluten Verminderung des Verbrauchs von Energie geführt.« (Stengel 2011: 136) Neben dieser mit Mängeln behafteten »Effizienzstrategie« gibt es die sogenannte »Suffizienzstrategie«, die bisher eine untergeordnete Rolle im Nachhaltigkeitsdiskurs spielt. Sie setzt im Gegensatz zur technologisch orientierten Effizienz primär beim menschlichen Verhalten an.

»Dabei soll sich das Verhalten an dem Ideal eines »Weniger ist mehr« ausrichten, also an einem freiwilligen (Konsum-)Verzicht.«

 »Die Suffizienzstrategie zielt auf eine innengesteuerte, freiwillige Veränderung der umweltrelevanten Verhaltensmuster.« (Stengel 2011: 129) Dabei soll sich das Verhalten an dem Ideal eines »Weniger ist mehr« ausrichten, also an einem freiwilligen (Konsum-)Verzicht. Dieser Ansatz widerspricht fundamental der Mechanik unserer aktuellen menschliche Bedürfnisse primär durch Konsum und gegen eine entsprechende Bezahlung befriedigt werden können. Dieses Verhalten, das zu Glück führen soll, wird durch einen hohen Werbedruck des perfektionierten Konsumentenmarketings legitimiert, obwohl die negativen gesellschaftlichen Auswirkungen dieser materialistischen Weltanschauung immer deutlicher werden. So beuten wir damit nicht nur unsere natürlichen Ressourcen aus, sondern erzeugen auch neue psychologische Probleme wie gesellschaftliche Trennung, Kaufrausch oder Kaufsucht. Die konsum- und wachstumskritische Perspektive in der Suffizienzstrategie stellt aber ein zentrales Hindernis dar, weshalb sie in der politischen Diskussion um die nachhaltige Entwicklung derzeit eine untergeordnete Rolle spielt. Gleichzeitig erfährt ihr Ansatz des freiwilligen Verzichts als mögliche Gegenbewegung zu unserer Überflussgesellschaft in der Bevölkerung eine wachsende Bedeutung. Gerade die Suffizienzpraktik der Entschleunigung hat an Sichtbarkeit in der Gesellschaft gewonnen. Sie lässt sich z. B. in den Trends zum Selbermachen (Do-it-yourself-Bewegung, Urban-Gardening-Bewegung) und im Bereich der Ernährung durch langsames und genussvolles Essen (Slow-Food-Bewegung) oder im Bereich der Naturerfahrung (Pilgern, Waldbaden) erkennen. 

»Dabei ist jedoch zu betonen, dass freiwilliger Verzicht in der Yogaphilosophie als eine erstrebenswerte menschliche Tugend gilt.«

Auch der Trend zur Achtsamkeit in den westlichen Ländern (Böhme et al. 2016) kann in diesen Bereich eingeordnet werden, da es sich hierbei um eine bewusste Entschleunigung von Körper und Geist handelt. Obwohl die im Westen bekannte Art der Achtsamkeit auf den Buddhismus zurückzuführen ist, finden sich darin auch verwandte Praktiken wie Meditation und Entspannungsübungen aus dem Yoga. Achtsamkeit fördert wiederum das subjektive Wohlbefinden, dessen Stärkung eine zentrale Voraussetzung für einen suffizienten Lebensstil darstellt (Hunecke 2013). Da es im Yoga auch das Ideal vom »einfachen Leben« gibt, kann Suffizienz als eine weitere konzeptionelle Gemeinsamkeit an der Schnittstelle zwischen Yoga und Nachhaltigkeit angesehen werden (Krantzer 2020). Dabei ist jedoch zu betonen, dass freiwilliger Verzicht in der Yogaphilosophie als eine erstrebenswerte menschliche Tugend gilt. Im Gegensatz dazu ist die Suffizienzstrategie in der Kultur des »Höher-Schneller-Weiter« westlicher Industrienationen schwer anschlussfähig an den gesellschaftlichen Mainstream.

Woman body doing tree yoga pose meditation with colorful watercolor texture on isolated white background.

Ein weiteres Hemmnis in der Umsetzung der Nachhaltigkeit auf der individuellen Ebene liegt in der Lücke zwischen Wissen und Handeln. Man versteht unter dieser sogenannten »Einstellungs-Verhaltens-Lücke« das Paradox, dass viele Menschen zwar über ausreichend kognitives Wissen über die Herausforderungen im Bereich Nachhaltigkeit verfügen, aber nicht entsprechend handeln (können). So wissen z. B. laut der repräsentativen Studie »Umweltbewusstsein in Deutschland 2020« (Umweltbundesamt 2021) 80 Prozent der Deutschen, dass vor allem die Menschen für den Klimawandel verantwortlich sind. Aber nur 53 Prozent geben an, dass sie Ökostrom beziehen als eine wirksame Maßnahme zur Reduzierung des eigenen ökologischen Fußabdrucks. Es finden sich erste Hinweise in der Literatur, dass eine Achtsamkeitspraxis die Einstellungs-Verhaltens-Lücke im Bereich der gesundheitsbezogenen Verhaltensweisen schmälern kann (Chatzisarantis & Hagger 2007). Im Bereich Nachhaltigkeit konnte dieser Zusammenhang nicht direkt belegt werden, aber in einem Forschungsprojekt der Technischen Universität Berlin wurde deutlich, dass die Wichtigkeit materieller Werte durch eine Achtsamkeitspraxis abnahm: »Im Schnitt messen sowohl Studierende als auch Arbeitnehmende materiellen Besitztümern am Ende des Kurses weniger Bedeutung bei. Der Besitz von Gütern wird weniger als Weg zum Glück oder Zeichen von Erfolg wahrgenommen.« (Geiger et al. 2018: 14) Diese Werteverschiebung kann als möglicher Schritt zu einer suffizienten Lebensweise angesehen werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es mit der Idee des »Weltfriedens« eine gemeinsame Zieldefinition im Konzept der nachhaltigen Entwicklung und im Yoga gibt. Dabei wird jedoch im Yoga ein Fokus auf die eigene innere Friedensarbeit gelegt, während in der Agenda 2030 Frieden das Ergebnis von politischen Maßnahmen in den Bereichen Ökologie, Soziales und Wirtschaft angesehen wird. Hier wird ein erstes Defizit der Agenda 2030 sichtbar: Es braucht einen individuellen und handlungsorientierten Ansatz – eine Praxis der Nachhaltigkeit als mögliches weiteres »P« der nachhaltigen Entwicklung. Diese Praxis wird in den Empfehlungen zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung am ehesten durch die Suffizienzstrategie ausgedrückt. Das darin eingeschlossene Wohlstandsverständnis im Sinne eines »Weniger ist mehr« ist kulturell anschlussfähig an die Yogaphilosophien. Yogapraktiken können einen suffizienten Lebensstil fördern, z. B. durch die Stärkung des subjektiven Wohlbefindens oder einer Werteverschiebung zu nicht-materialistischen Aspekten. Es kann also davon ausgegangen werden, dass Yoga eine Möglichkeit darstellt, die einen positiven Beitrag zur Lösung der globalen Nachhaltigkeitskrise leisten kann. 

Was ist Yoga?

In diesem Abschnitt wird Yoga als Werkzeug der Krisenbewältigung dargestellt. Er beginnt mit einer philosophischen Einleitung, bevor im weiteren Verlauf die Entwicklung von Yoga im Westen dargestellt wird. Danach werden verschiedene klassische Yogapfade erläutert, um mit einer Synthese von wichtigen Yogaprinzipien abzuschließen. 

In einer der wichtigsten Schriften der Yogaphilosophie, der Bhagavad Gita, wird Yoga in Vers 50 des zweiten Kapitels als »Geschick im Handeln« (Sankrit: yogaḥ karmasu kauśalam) erklärt (Sivananda Swami, 1998: 70). Diese handlungsbezogene Definition ist im Gesamtkontext der Bhagavad Gita zu verstehen. Das in dem Epos geführte Zwiegespräch zwischen einem spirituellen Lehrer namens Krishna und seinem Schüler Arjuna handelt von der Bewältigung einer großen Krise der Menschheit. Dabei geht es um Gut und Böse, um Verantwortung und Ethik, um Entscheidungsfindung in Extremsituationen und in der Essenz darum, wie wir als Menschen mit Krisensituationen umgehen sollen. Der Krieger Arjuna spielt dabei eine entscheidende Hauptrolle. Er ist mit der tragischen Situation, in der er sich befindet, überfordert und zeigt im ersten Kapitel (Vers 30) konkrete Burn-out-Symptome: »Der Bogen entgleitet meiner Hand, und auch brennt die Haut auf meinem ganzen Körper; meine Beine versagen mir den Dienst, und also wird mein Geist wankelmütig.« (Sivananda Swami, 1998: 47) In den folgenden Kapiteln unterweist ihn Krishna darin, zu erkennen, dass alle Probleme in der materiellen Welt ihren Ursprung immer im menschlichen Bewusstsein haben. Darüber hinaus lehrt Krishna ihm als »Coach« konkrete Prinzipien und Praktiken, wie er als Mensch auf solch herausfordernde Situationen reagieren kann. 

Diese individuelle und globale Krise aus der Bhagavad Gita soll stellvertretend für unsere heutigen Probleme stehen. Es würde zu weit führen, und ich fühle mich nicht qualifiziert genug, um einen vollständigen Kommentar zur Bhagavad Gita in Bezug auf die Herausforderungen der Nachhaltigkeit zu verfassen. Aber die kurze philosophische Einleitung soll uns einerseits Mut machen: Wenn wir uns zukünftig geschickter im Sinne des Yoga verhalten, können wir auch diese große Krise in der Menschheitsgeschichte meistern. Andererseits soll damit deutlich gemacht werden, dass wir es heute auch mit einer Bewusstseinskrise zu tun haben. Die Probleme in der Welt wie Verlust von Biodiversität, Klimawandel und soziale Ungerechtigkeit stammen aus einem veralteten Verständnis davon, in welchem Verhältnis wir zur Natur, zu den Tieren und letztendlich zum Kosmos stehen. In unserer egozentrischen Selbstüberschätzung denken wir als kleine Gruppe privilegierter Menschen, dass wir die Herrschaft über die natürlichen Ressourcen, über die Tiere und andere Menschen in »Billiglohnländern« als Zahlen in unserer Finanzbilanz besitzen. Diese trennende Weltsicht des Kapitalismus ist eine Illusion, die dem yogischen Weltbild von Einheit und Harmonie entgegensteht. Yoga möchte, wie das einleitende Mantra zu Beginn des Artikels verdeutlicht, dass alle Wesen auf allen Ebenen Glück und Harmonie erfahren. Und wir als Mitgestalter:innen der Welt sind diesem Prinzip mit unseren Handlungen verpflichtet, denn aus Sicht des Yoga ist alles mit allem verbunden. Daher braucht es eine Transformation einer egozentrierten Weltsicht zu einer Perspektive der universellen Verbundenheit. Yoga bedeutet in seiner direkten Übersetzung aus dem Sanskrit »Einheit«. Dabei ist auf der spirituellen Ebene die Einheit zwischen der individuellen Seele (Jiva) und der Überseele oder Gott (Brahman) gemeint. Diese Beziehung wird auf der Mikroebene durch einzelne Menschen in Verbindung mit der materiellen Welt erfahren. Das Wissen zur Erlangung der Einheit zwischen Individuum und dem kosmischen Bewusstsein wurde von Weisen, wie Vyasa als Autor der Bhagavad Gita, im alten Indien erfasst und durch ihre Schüler:innen der Nachwelt überliefert. 

Der so abstrakt dargelegte philosophische Unterbau des Yoga kann durch einen systematischen Übungs- und Erkenntnisweg praktisch von Menschen erfahren und umgesetzt werden, der in den vergangenen Jahren in der westlichen Welt deutlich an Popularität gewonnen hat. Yoga zu praktizieren, gilt heute für eine gewisse urbane Gruppe von jungen Menschen als attraktiver, sinnvoller und angesagter Lifestyle. Yoga hat es in wenigen Jahrzehnten geschafft, aus der gesellschaftlichen Nische der Hippies in den Mainstream zu diffundieren. Während das altindische Gesundheitssystem in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts nur eine von vielen fernöstlichen Philosophien und spirituellen Praktiken der sogenannten 68er-Generation war, kann heute von Yoga als akzeptiertem Lebensstil in der Mitte der deutschen Gesellschaft gesprochen werden. Laut einer repräsentativen Studie von Cramer (2015) praktizieren rund 15,7 Millionen Deutsche Yoga oder sind daran interessiert, mit Yoga zu beginnen. Auch in der akademischen Diskussion hat sich Yoga von der »esoterischen Pseudowissenschaft« über verschiedene therapeutische Angebote in der Komplementärmedizin hin zu einem ernst zu nehmenden jungen transdisziplinären Forschungsgebiet in der westlichen Wissenschaftslandschaft entwickelt. Ein Schwerpunkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Yoga in den letzten Jahren war die Untersuchung der therapeutischen Wirksamkeit von Yoga bei unterschiedlichen Erkrankungen. In den evidenzbasierten Studien werden vermehrt positive gesundheitliche Effekte belegt (Cramer 2015). Gesundheitspolitisch ist Yoga als wirksame präventive Maßnahme von den Krankenkassen anerkannt und wird als solche gefördert. 

Erst wenige Autor:innen haben Beiträge zu den gesellschaftlichen Wirkungen von Yoga im Bereich Nachhaltigkeit veröffentlicht (z. B. Kratzer 2014, Weisner & Cameron 2020, Zafeiroudi et al. 2021), und Yoga wird im öffentlichen Diskurs schwerpunktmäßig als individuelles Übungssystem zur Gesunderhaltung von Körper und Geist wahrgenommen. Auch darüber hat es seinen Weg über das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) in die Wirtschaft als wesentlicher Verursacher für die globalen sozial-ökologischen Probleme gefunden. Es boomen Aus- und Weiterbildungen, Retreats und Meditations- und Achtsamkeitskurse für Manager:innen. In diesem Zusammenhang gibt es auch kritische Anmerkungen, dass Yoga eine neue Wunderwaffe für die Selbstoptimierung von Mitarbeiter:innen im kapitalistischen System geworden sein könnte (z. B. Hüchter 2019, Kovce 2019, Gebauer et al. 2018). Ich kann diesen Teil der Yogakultur in westlichen Gesellschaften ebenfalls beobachten und wage die These, dass solche Entwicklungen auch mit der »Entspiritualisierung« des Yoga im Westen zu tun haben. Das bedeutet, dass die klassischen und spirituellen Yogaphilosophien, -werte und -praktiken in den westlichen Yogalehrerkursen vernachlässigt werden und Yoga als Dienstleistung gestressten Menschen angeboten wird. Dies ist verständlich, denn Yoga wirkt nachweislich zur Stressreduktion. Die Reduzierung des eigenen körperlichen und geistigen Leids ist die Hauptmotivation, um mit Yoga zu beginnen (Cramer 2015). Gleichzeitig berücksichtigt ein integraler Yoga mit seinen vier klassischen Pfaden, die nachfolgend erläutert werden, auch soziale Aspekte: Beim Karma-Yoga geht es um die Praxis des selbstlosen Handels, bei dem jegliches Tun durchgeführt wird, ohne an den Ergebnissen zu haften. Dabei übt der/die Yogapraktizierend:e, die eigenen Vorstellungen und Wünsche zurückzustellen, um seinem Mitmenschen selbstlos zu dienen. Daneben gibt es noch Bhakti-Yoga als Pfad der Hingabe an eine göttliche Wirklichkeit durch religiöse Rituale und Verehrungen. Auch diese Perspektive von der Existenz einer höheren Macht lässt Menschen demütig(er) werden. Der dritte klassische Yogapfad wird Jnana-Yoga genannt, und man versteht darunter einen intellektuellen Zweig der Erkenntnis über das Studium der Schriften und der Selbstanalyse. In diesen Schriften werden den Leser:innen viele Werte der Nächstenliebe, Demut und Verantwortung vermittelt. Der vierte und in den westlichen Gesellschaften bekannteste Yogapfad ist der Raja-Yoga. Es ist die Praxis von körperlicher und geistiger Kontrolle durch Körper- und Atemübungen sowie Meditation. Die Essenz dieser vier Pfade kann in den sogenannten »Vier S« als eines der Grundkonzepte in den Yogalehren zusammengefasst werden: Sangha, Seva, Sattva und Sadhana (Yoga Vidya 2019). Diese Prinzipien stehen auch in Resonanz mit dem yogischen Ethikverständnis der sogenannten »Yamas und Niyamas«. Diese Grundwerte im Yoga wurden von dem Weisen Patanjali in seinem Hauptwerk, den »Yoga Sutras«, zusammengefasst (Bretz 2001). Im folgenden Absatz sollen die Prinzipien der »Vier S« im Einzelnen erläutert werden. 

Die »Vier S«

Sangha beschreibt im Yoga das Prinzip der Gemeinschaft. Mit diesem Prinzip wird deutlich, dass Yoga mehr ist als ein persönlicher Übungsweg. Obwohl es in den klassischen Yogatraditionen Indiens auch die asketischen Praktiken des Rückzugs aus der Gesellschaft gibt, sind der Austausch mit Gleichgesinnten und die gemeinsame Praxis zentrale Säulen im Yoga. Ziel dieser Gemeinschaft ist es, sich gegenseitig zu inspirieren, ganz im Sinne des Zitats von Swami Sivananda: »Um eine Kerze zu entzünden, braucht es eine Flamme.« Dieses Bild kann in zwei Richtungen interpretiert werden: Der/die Yogaübende braucht inspirierende Personen, die ihm die Flamme im Herzen entzünden können. Und jede/r Yogaübende hat das Potenzial, diese Flamme bei anderen Menschen zu entzünden. Dabei sind insbesondere die Werte des Zusammenlebens »Yamas« von Patanjali relevant. In Kapitel 2 Vers 30 werden sie wie folgt definiert: »Die Yamas bestehen aus Nichtverletzen, Wahrhaftigkeit, Nichtstehlen, Enthaltsamkeit und Unbestechlichkeit.« (Bretz 2001: 115) Wenn wir uns an diese Grundregeln halten, ist eine friedliche Gemeinschaft möglich. Mit Sangha kann der kooperative und partnerschaftliche Ansatz im Yoga ausgedrückt werden.

»Ziel dieser Gemeinschaft ist es, sich gegenseitig zu inspirieren, ganz im Sinne des Zitats von Swami Sivananda: »Um eine Kerze zu entzünden, braucht es eine Flamme.«

Seva bedeutet im Sanskrit »Dienen«. Es ist ein Prinzip, das eigene Ego zu kultivieren, indem wir anderen Menschen und Gott dienen. Hinter Seva steht der Wert der universellen Gleichheit aller Geschöpfe, der auch als »Unity in Diversity« ausgedrückt werden kann. Diese Idee, dass in allen verschiedenen Manifestationen in der materiellen Welt das Göttliche steckt, wird in Vers 18 im fünften Kapitel der Bhagavad Gita wie folgt ausgedrückt: »Weise sehen keinen Unterschied zwischen einem gelehrten und frommen Brahmanen, einer Kuh, einem Elefanten und sogar einem Hund und einem Kastenlosen.« (Sivananda Swami 1998: 119) Je mehr ein/e Yogi:ni über uneigennütziges Dienen seinen/ihren Mitgeschöpfen hilft und diese erhebt, umso mehr kann er/sie Mitgefühl, Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde im Alltag realisieren. 

Lotosblume

Sattva ist das Prinzip der Reinheit. Es ist neben Tamas (Trägheit) und Rajas (Aktivität) eine/r der drei Gunas bzw. Eigenschaften der Natur. Nach der Vorstellung im Yoga ist alles auf der Welt Ausdruck dieser drei Qualitäten. Es ist empfohlen, dass sich Yogaübende auf Sattva ausrichten. Im Alltag bedeutet das auf der körperlichen Ebene, sich möglichst mit rohen oder frisch gekochten vegetarischen Nahrungsmitteln zu ernähren und auf die Reinheit von Wasser und Luft zu achten sowie auf körperliche Hygiene. Auch Patanjali erwähnt in Vers 32 des zweiten Kapitels Reinheit als eine wichtige ethische Grundlage für das eigene Leben in den sogenannten Niyamas: »Die Niyamas bestehen aus Reinheit, Zufriedenheit, Selbstzucht, Selbststudium und Selbsthingabe.« (Bretz 2001, 116) Sattva kann im weitesten Sinne durch eine natürliche und suffiziente Lebensweise einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. 

Als letztes Prinzip der »Vier S« nach Yoga Vidya soll Sadhana erläutert werden. Es beschreibt die regelmäßige Ausführung von (spirituellen) Praktiken wie Körperübungen (Asana), Atemübungen (Pranayama) oder Meditation (Dhyana) mit dem Ziel, Einheit – Yoga – zu erfahren. Diese praktischen Übungen sind die Grundlage des Yoga, oder um es mit den Worten von Swami Sivananda auszudrücken: »Ein Gramm Praxis wiegt mehr als Tonnen von Theorie.« Yoga-Sadhana ist auch häufig die Basis für Übungsprogramme, die wissenschaftlich untersucht werden können. Sadhana hat einen positiven Effekt auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden (Cramer 2015, Hendriks et al. 2017). Auch fördert Sadhana die allgemeine Lebenszufriedenheit (Gupta 2016) als Voraussetzung eines suffizienten Lebens. Nur wenn es uns gut geht, können wir den Herausforderungen der Welt mutig und stark entgegentreten. Durch Sadhana können wir auch unsere Kreativität verbessern, um innovative Lösungen zu entwickeln (z. B. Yogalakshmi & Latha 2015), die für die nachhaltige Entwicklung benötigt werden. Zu diesem Prinzip gibt es kein Pendant im Bereich Nachhaltigkeit, aber, wie bereits erwähnt, sollten die »Fünf Ps« um das weitere P »Practice« ergänzt werden. 

Der Artikel verfolgt das Ziel, allen Säulen der Nachhaltigkeit ein wesentliches Yogaprinzip gegenüberzustellen. Es wird deutlich, dass in den »Vier S« der Aspekt des Wohlstands (Prosperity) fehlt. Im Sanskrit wird »Wohlstand« mit Sampatti übersetzt. Im Yoga geht es um ein erweitertes Wohlstandsverständnis, das neben materiellem Wohlstand auch Werte wie Gesundheit, Zufriedenheit und spirituelle Entwicklung einschließt. Ein yogisches Lebensprinzip lautet im Sinne der Suffizienz »Einfach leben und erhaben denken« und drückt sich u. a. in dem Niyama »Zufriedenheit« und in dem Yama »Enthaltsamkeit« aus. Es geht also primär um einen geistig-spirituellen Fortschritt und weniger um die Anhäufung von materiellem Wohlstand. Dieses Wohlstandsverständnis lässt sich auch mit dem Mahatma Gandhi zugeschriebenen Zitat ausdrücken: »Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.« Mit Yoga können wir üben, unsere eigenen Bedürfnisse zurückzustellen, um andere Menschen zu unterstützen. 

Yoga der Nachhaltigkeit

Mit den bisherigen Ausführungen kann gezeigt werden, dass es unter dem gemeinsamen Ziel des Friedens (Shanti) Gemeinsamkeiten zwischen individuellen Yogaprinzipien und den Säulen der Nachhaltigkeit gibt. Es gibt aber auch den wesentlichen Unterschied, dass im Yoga die Grundannahme gilt, dass Frieden im Außen nur durch innere Friedensarbeit erreicht werden kann. Dieser eigenverantwortliche und handlungsbezogene Ansatz fehlt in der Agenda 2030, und es wird mit »Practice« ein neues »P« zur Erweiterung empfohlen. Im Kontext der eigenen Handlungen spielt die Suffizienzstrategie mit ihrem erweiterten Wohlstandsverständnis eine besondere Rolle als weitere Schnittstelle zum Yoga. Beide Konzepte basieren auf der Philosophie des »Weniger ist mehr« im Gegensatz zum »Höher-Schneller-Weiter« der aktuellen Leistungsgesellschaft.

»Yoga besitzt das Potenzial, die Lücke zwischen Einstellung und Verhalten bei Individuen als besondere Herausforderung zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele zu schließen.«

 Auch wurde herausgearbeitet, dass Yoga das Potenzial besitzt, die Lücke zwischen Einstellung und Verhalten bei Individuen als besondere Herausforderung zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele zu schließen. Aus diesen Vorüberlegungen soll das Konzept »Yoga der Nachhaltigkeit« abgeleitet werden. Man versteht darunter eine spirituell orientierte Lebensführung, die mit ihren handlungsbezogenen und suffizienten Ansätzen die nachhaltige Entwicklung fördert. In der nachfolgenden Grafik wird diese konzeptionell dargestellt:

In der direkten Gegenüberstellung wird deutlich, dass jedem individuellen Yogaprinzip eine Säule der Nachhaltigkeit aus dem politischen Diskurs zugeordnet werden kann, um das gleiche Ziel beider Ansätze – Frieden – zu erreichen. Mit dieser Synthese kann die eingangs gestellte Frage, ob Yoga einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leisten kann, bejaht werden. Da das entwickelte Modell »Yoga der Nachhaltigkeit« auf einer ersten konzeptionellen Arbeit beruht, möchte dieser Artikel Mut machen, an der besagten Schnittstelle weiterzuforschen. Dabei könnten z. B. Übungsprogramme von Praktiker:innen entwickelt werden, um in die konkrete Anleitung von Yoga der Nachhaltigkeit zu kommen. Für die wissenschaftliche / theoretische Perspektive wären weitere Arbeiten wünschenswert, die untersuchen, ob dieses Konzept auch empirisch belegbar ist. 

Ich würde mich sehr über Anregungen, Lob oder Kritik freuen, die Sie mir gerne per E-Mail senden können an: christoph@harrach.com 

Christoph Harrach

Über den Autor

Der Yogalehrer und Ökonom Dr. Christoph Harrach gilt als Vordenker für nachhaltige und gesunde Lebensstile sowie verantwortungsvolles Wirtschaften. 2010 erhielt er für seine Arbeit mit KarmaKonsum den deutschen Nachhaltigkeitspreis. Er zählt zu den Projektträgern der UN-Dekade für nachhaltige Bildung der UNESCO und ist Botschafter der Gemeinwohl-Ökonomie.

Er praktiziert seit über 27 Jahren integralen Yoga und forscht als Nachhaltigkeitswissenschaftler zu den organisationspsychologischen Aspekten der nachhaltigen Entwicklung.

© Bilder: Unsplash

Literatur

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