Conrad Maess

Conrad Maess – Ein Einstieg in die vedische Astrologie

Besonderheiten und Vergleich zur westlichen Astrologie

Neben der westlichen Astrologie wird auch die vedische Astrologie immer beliebter. Conrad Maess verrät in diesem Artikel wesentliche Besonderheiten der östlichen Deutungsweise und welche Unterschiede die Orientierung am tropischen beziehungsweise siderischen Tierkreis mit sich bringt.

Es freut mich, Sie in die Welt der vedischen Astrologie, auch bekannt als Jyotiṣa (aus dem Sanskrit, übersetzt als »strahlend hell«), einzuführen. Dieses antike Wissenssystem, das auch unter dem Begriff »Hora« bekannt ist – abgeleitet aus den Sanskrit-Worten »Aho« (Tag) und »Ratri« (Nacht) –, symbolisiert das dialektische Zusammenspiel von Licht und Dunkelheit, das auch in der natürlichen Welt vorherrscht.

Jyotiṣa, tief verankert in der philosophischen Tradition des Saṁkhya, befasst sich eingehend mit der Zweiteilung von Puruṣa (Geist) und Prakriti (Materie), dem Kausalitätsprinzip sowie der Interaktion von maskulinen und femininen Energien. Diese dynamischen Wechselwirkungen haben weitreichende Implikationen sowohl für individuelle Schicksale als auch für globale Entwicklungen.

»Im Kern der vedischen Astrologie stehen die Konzepte von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, verknüpft mit den drei Grundqualitäten: Sattva (Tugend), Rajas (Leidenschaft) und Tamas (Unwissenheit).«

Im Kern der vedischen Astrologie stehen die Konzepte von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, verknüpft mit den drei Grundqualitäten: Sattva (Tugend), Rajas (Leidenschaft) und Tamas (Unwissenheit). Diese Qualitäten repräsentieren die Prinzipien der Erhaltung, Schöpfung und Transformation und sind zentral für das menschliche Dasein. Die vedische Astrologie ermöglicht uns, diese komplexen Zusammenhänge tiefgreifend zu verstehen, sowohl in Bezug auf persönliche Schicksale als auch auf kollektive Phänomene.

Ein distinktiver Unterschied zur westlichen Astrologie liegt in der methodologischen Herangehensweise. Während die westliche Tradition primär psychologische Interpretationsansätze verfolgt, konzentriert sich die vedische Astrologie auf die Prädestination durch Karma und beleuchtet den Handlungsspielraum – oder den freien Willen – innerhalb unseres Lebens. Dies bietet eine tiefgreifende Perspektive auf die Verflechtungen unseres Daseins und eröffnet Wege, unsere Existenz und Bestimmung auf einer fundierten Ebene zu verstehen und zu gestalten.

Jyotiṣa und die Veden

Im Kontext der vedischen Kulturgeschichte nimmt Jyotiṣa eine signifikante Stellung ein, die durch eine profunde Verbindung zu den Veden, den ältesten und heiligsten Texten charakterisiert wird. Diese Verbindung manifestiert sich in vielfältigen und komplexen Aspekten, die im Folgenden detailliert erörtert werden.

»Grundlegend basiert Jyotiṣa auf den Lehren der Veden, mit besonderem Fokus auf dem Rigveda, dem ältesten der vier Veden.«

Grundlegend basiert Jyotiṣa auf den Lehren der Veden, mit besonderem Fokus auf dem Rigveda, dem ältesten der vier Veden. Diese Sammlung von Hymnen, Ritualtexten und philosophischen Schriften bildet das Fundament der vedischen Kultur. Bemerkenswert ist hierbei die Integration früher astronomischer Beobachtungen in die Veden, die eine zentrale Rolle für religiöse und rituelle Zwecke einnahmen.

Innerhalb der vedischen Schriften wird Astrologie als essenzielles Werkzeug zur Messung von Zeit und Ausführung ritueller Handlungen zu passenden Zeitpunkten betrachtet. Diese Praxis der Ausrichtung irdischer Aktivitäten an kosmischen Zyklen ist für das Verständnis der vedischen Astrologie von grundlegender Bedeutung.

Die Vedangas sind eine Gruppe von sechs klassischen Texten, die dazu dienen, das Verständnis und die korrekte Anwendung der Veden zu unterstützen. Die Vedangas wurden entwickelt, um das Studium und die Interpretation der Veden zu erleichtern. Die sechs Vedangas sind:

  1. Shiksha (Phonetik)
  2. Kalpa (Ritual)
  3. Vyakarana (Grammatik)
  4. Nirukta (Etymologie)
  5. Chandas (Metrik)
  6. Jyotiṣa (Astronomie und Astrologie):  die vedische Astronomie und Astrologie. Sie hilft bei der Bestimmung von Zeit und Kalender, was für die Durchführung von Ritualen und Zeremonien entscheidend ist.
Conrad Maess
Die Darstellung des Horoskops auf südindische Weise

Die philosophischen Konzepte, die sowohl in den Veden als auch in der vedischen Astrologie zum Ausdruck kommen, sind eng miteinander verwoben. Sie teilen die Perspektive eines geordneten Universums, in dem alle Komponenten miteinander verbunden sind. Diese Weltanschauung findet in der vedischen Astrologie ihren Ausdruck, indem das Schicksal des Einzelnen in Verbindung mit den Bewegungen der Himmelskörper gesetzt wird.

Jyotiṣa ist nicht nur eine technische oder wissenschaftliche Disziplin, sondern stellt auch eine spirituelle Praxis dar. Sie ermöglicht Einblicke in das Karma und den Lebensweg eines Individuums, basierend auf der Annahme, dass die Bewegungen himmlischer Körper das menschliche Leben beeinflussen.

In der vedischen Tradition wird Jyotiṣa für vielfältige Zwecke eingesetzt, von der Bestimmung günstiger Zeitpunkte für lebenswichtige Ereignisse bis hin zur spirituellen Beratung. Dies spiegelt das vedische Prinzip wider, nach dem das Wissen über Himmelskörper genutzt wird, um das irdische Leben zu harmonisieren.

Es gibt viele Bücher über vedische Astrologie, aber um sie gründlich zu lernen, sollte man wie früher einen Lehrer aus einer astrologischen Tradition suchen und direkt von ihm lernen, um das Wissen zu erlangen.

Conrad Maess
Das nordindische Horoskop mit seinen zwölf Häusern

Unterschiede zwischen westlicher und vedischer Astrologie: Siderischer und tropischer Tierkreis

In der Auseinandersetzung mit den Unterschieden zwischen westlicher und vedischer Astrologie zeichnet sich ein wesentlicher Kontrast ab: Während die westliche Astrologie auf dem tropischen Tierkreis basiert, der sich an den Jahreszeiten orientiert und dessen Anfangspunkt mit der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche korrespondiert, nutzt die vedische Astrologie den siderischen Tierkreis für die Analyse des Karmischen Schicksals eines Menschen, der auf den realen Positionen der Fixsterne basiert und die Präzession der Tagundnachtgleichen berücksichtigt, was zu einer Verschiebung der Tierkreiszeichen über die Zeit führt.

»Die vedische Astrologie ist bekannt für ihre detaillierten Vorhersagen und Analysen des Karmas einer Person, was sie von der psychologisch orientierten westlichen Astrologie unterscheidet.«

In der westlichen Astrologie liegt der Fokus auf psychologischen Aspekten und Persönlichkeitsmerkmalen, wobei das Sonnenzeichen eine prominente Rolle spielt. Dies steht im Gegensatz zur vedischen Astrologie, die mehr Gewicht auf den Mond und die Sonne zusammen legt und einen karmischen sowie prädiktiven Ansatz verfolgt. Die vedische Astrologie ist bekannt für ihre detaillierten Vorhersagen und Analysen des Karmas einer Person, was sie von der psychologisch orientierten westlichen Astrologie unterscheidet.

Das Viṣṇu Purana, ein herausragender Text in der vedischen Literatur, bietet eine faszinierende Einsicht in die astrologischen Konzepte des tropischen und siderischen Tierkreises. Diese zweifache Betrachtungsweise spiegelt die tiefe astrologische Kenntnis und die komplexe Verbindung zwischen Himmelsbeobachtungen und menschlichen Aktivitäten wider.

Im Fokus des tropischen Tierkreises steht die Beziehung zwischen den Sonnenbewegungen und den Jahreszeiten. Diese astrologische Ansicht ist besonders relevant für die Vorhersage von Wetterphänomenen, die für Landwirtschaft und Handel von entscheidender Bedeutung sind. Sie bietet eine praktische Basis, um zyklische Veränderungen in der Umwelt zu verstehen und vorherzusagen. In der vedischen Astrologie verbindet der tropische Tierkreis himmlische Zyklen mit irdischen Zyklen, was ihn zu einem wertvollen Werkzeug für die Planung landwirtschaftlicher und kommerzieller Unternehmungen macht.

Im Gegensatz dazu basiert der siderische Tierkreis auf den Nakshatras, den Sternenkonstellationen. Diese Orientierung an den Fixsternen liefert eine differenzierte Sicht auf die persönliche Astrologie und ist besonders relevant für die Analyse von Geburtshoroskopen. Im siderischen System werden individuelle Charaktereigenschaften, Lebenswege und Schicksale eng mit den Positionen und Bewegungen der Sterne und Planeten verknüpft. Das Viṣṇu Purana betont dabei die Bedeutung der siderischen Astrologie als ein Werkzeug zur Selbstkenntnis.

Die gleichzeitige Erwähnung beider Systeme in den vedischen Schriften unterstreicht die Bedeutung eines holistischen astrologischen Ansatzes, der sowohl die zyklischen Muster der Natur als auch die feineren energetischen Einflüsse des Universums berücksichtigt. Diese zweigleisige Sichtweise eröffnet ein umfassenderes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen makrokosmischen Zyklen und individuellen Lebenswegen. Somit stellt die vedische Astrologie eine Brücke dar, die die materiellen und spirituellen Dimensionen der menschlichen Existenz miteinander verbindet und einen tieferen Einblick in das Wesen und die Dynamik des Kosmos bietet.

Beispiel: Ashwini Nakṣatra

Personen, die unter dem Einfluss des Ashwini Nakṣatras geboren sind, zeichnen sich häufig durch ihre schnelle, energische und dynamische Natur aus. Diese Eigenschaften spiegeln die lebendige und aktive Energie wider, die mit diesem ersten Nakṣatra in der vedischen Astrologie verbunden ist. Darüber hinaus haben diese Individuen oft eine tiefe Affinität zu Themen rund um Gesundheit und Heilung. Diese Neigung zur Heilkunst und zum Wohlbefinden anderer ist eine direkte Reflexion der Verbindung des Ashwini Nakṣatras zu den Ashwini Kumaras, den göttlichen Zwillingsärzten in der hinduistischen Mythologie. Diese Verbindung verleiht den unter Ashwini Geborenen eine besondere Sensibilität und Fähigkeit, sowohl physische als auch spirituelle Heilung zu fördern und zu unterstützen.

Conrad Maess
Die 27 Nakṣatras mit ihren Lebensbereichen

Aufbau des vedischen Tierkreises

Im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem Aufbau des astrologischen Tierkreises aus der Perspektive der vedischen Astrologie, ist es zunächst wichtig, gängige Missverständnisse zu adressieren. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme, dass sich die vedische Astrologie primär am Mond orientiert, während die westliche Astrologie sonnenzentriert ist, offenbart eine detaillierte Betrachtung der vedischen astrologischen Schriften, insbesondere der »Bṛihad Parasara Hora Sastra«, eine komplexere Struktur.

»Ein zentrales Element in der vedischen Astrologie ist die heilige Zahl 108, deren Bedeutung sich auch im Aufbau des Tierkreises manifestiert.«

Ein zentrales Element in der vedischen Astrologie ist die heilige Zahl 108, deren Bedeutung sich auch im Aufbau des Tierkreises manifestiert. In der Astrologie wird jedes der zwölf Tierkreiszeichen mit einem Winkel von 30 Grad assoziiert, was in der Summe einen vollständigen Kreis von 360 Grad ergibt. Interessanterweise ergibt die Division dieser 360 Grad durch 108 einen Wert von 3 Grad und 20 Bogenminuten. Diese Berechnung führt zur Unterteilung jedes Tierkreiszeichens in neun Abschnitte, die in der vedischen Astrologie als Navamśas bekannt sind.

Die Navamśas sind nicht nur einfache Unterteilungen, sondern sie stehen in direkter Beziehung zu den Elementen Feuer, Erde, Luft und Wasser. Diese Elemente wiederholen sich in einer festgelegten Reihenfolge innerhalb der Navamśas eines jeden Tierkreiszeichens. Interessanterweise führt dies dazu, dass eines der Elemente in jedem Zeichen doppelt vertreten ist. Dieses doppelt vertretene Element bestimmt maßgeblich die Charakteristik des jeweiligen Tierkreiszeichens. Beispielsweise zeigt sich im Zeichen des Widders das Element Feuer dreimal, was darauf hindeutet, dass Widder ein Feuerzeichen ist.

Darüber hinaus besteht eine wichtige Verbindung zwischen den Navamśas und den Nakṣatras, den 27 Mondstationen im vedischen System. Vier Navamśas bilden zusammen ein Nakṣatra, wobei jedes Nakṣatra mit dem Prakriti-Prinzip (Mond) assoziiert wird, während die Navamśas mit dem Puruṣa-Prinzip (Sonne) in Verbindung stehen. Diese Verknüpfung illustriert die tiefgreifende Integration und das Zusammenspiel von Sonnen- und Mondprinzipien im vedischen astrologischen System.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Aufbau des Tierkreises im Jyotiṣa eine ausgeklügelte Struktur aufweist, die sowohl die Sonnen- als auch die Mondaspekte berücksichtigt und durch die Verwendung der heiligen Zahl 108 eine tiefe symbolische und kosmologische Bedeutung erhält. Die Analyse der Elemente innerhalb der Navamśas ermöglicht es, tiefere Einsichten in die Charakteristika der einzelnen Tierkreiszeichen zu gewinnen, was die Komplexität und den Reichtum der vedischen Astrologie unterstreicht.

Im Rahmen der vedischen Astrologie stellt das Konzept der »Vargas« oder »Varga Charts« einen integralen Bestandteil dar. Diese Vargas, auch als Teilungscharts bekannt, dienen der detaillierten Analyse verschiedener Lebensaspekte einer Person und bieten eine spezifischere Einsicht als das alleinige Hauptgeburts-Radix (Rashi Chart).

Die Unterhoroskope Vargas

Vargas sind Teilungsdiagramme, die durch die Segmentierung des Zodiaks in diverse Abschnitte entstehen. Jedes dieser Segmente, oder »Vargas«, fokussiert sich auf einen spezifischen Lebensbereich, wie Karriere, Beziehungen, Finanzen oder Bildung. Während das Hauptgeburts-Radix primär auf den Horoskopeigner ausgerichtet ist, ermöglichen die Vargas eine tiefere Einsicht in die Interaktionen und die Qualität der Beziehungen.

Betrachten wir eine Person mit Mars im 10. Haus im Rashi (Hauptgeburts-Radix). Dies könnte auf potenzielle Konflikte mit Autoritätspersonen hinweisen, wie etwa mit Vorgesetzten, Lehrern oder familiären Autoritätsfiguren. Die spezifische Autoritätsperson, mit der Konflikte auftreten könnten, lässt sich durch die Analyse der Vargas bestimmen. Beispielsweise könnte eine Schwäche oder Störung im 9. Haus des D10-Unterhoroskops, welches für Beruf und Karriere steht, auf Probleme mit Vorgesetzten hinweisen. Ähnliche Konstellationen in anderen Vargas könnten Schwierigkeiten mit dem Vater oder Lehrern anzeigen. Somit bieten die Vargas detailliertere Einblicke in die spezifischen Bereiche und sozialen Umfelder, in denen Ereignisse stattfinden.

Ein signifikanter Vorteil der vedischen Astrologie und insbesondere der Vargas gegenüber der westlichen Astrologie liegt in der Fähigkeit, nicht nur inhaltliche, sondern auch formbezogene Aussagen über Ereignisse zu treffen. Während die westliche Astrologie auf der Basis des Radix-Charts allgemeine Informationen über Lebensbereiche wie das 9. Haus (Autoritätsschwierigkeiten) geben kann, ermöglichen die Vargas eine präzisere Bestimmung der spezifischen Personen oder Umstände, die involviert sind.

Die Vargas werden durch die Teilung der zwölf Zeichen des Zodiaks in unterschiedliche Segmente berechnet. Ein prominentes Beispiel ist das Navamśa (D-9), bei dem jedes Zeichen in neun Teile geteilt wird, was zu 108 Navamśa-Segmenten im gesamten Zodiak führt. Die Positionen der Planeten in diesen Teilungsdiagrammen liefern spezifische Einsichten in verschiedene Lebensbereiche.

Das Navamśa-Chart ist einer der bedeutendsten Vargas. Es wird für die Analyse von Ehe, Partnerschaften und für eine vertiefte Betrachtung der Persönlichkeit verwendet. Das Navamśa-Chart entsteht, wie im obrigen Abschnitt über den Aufbau des Tierkreis schon erwähnt, durch die Teilung jedes Zodiakzeichens in neun Abschnitte. Es symbolisiert die Verbindung zwischen dem aktuellen und dem vorherigen Leben, indem es aufzeigt, welche positiven oder negativen Handlungen aus vergangenen Leben in das gegenwärtige Leben hineinwirken. Dies umfasst die »Früchte«, die aufgrund dieser Handlungen geerntet werden können, sowohl im spirituellen als auch im materiellen Sinne.

Das Navamśa-Chart offenbart zudem die spirituelle Neigung und Entwicklung, mit der eine Person in dieses Leben eintritt. Es zeigt die Talente und Fähigkeiten, die in diesem Leben zur Entfaltung kommen können. Die alten Rishis, wie Parashara und Jaimini, messen dem Navamśa-Chart als Varga-Unterhoroskop eine besonders hohe Bedeutung bei. Es dient als Schlüsselwerkzeug, um tiefergehende Einblicke in die persönliche Entwicklung und die Lebensumstände einer Person zu gewinnen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Vargas in der vedischen Astrologie eine unerlässliche Rolle spielen, indem sie eine tiefere und facettenreichere Analyse der verschiedenen Lebensbereiche einer Person ermöglichen. Sie ergänzen das Hauptgeburts-Radix durch spezifische Details und Kontextualisierung, die in der westlichen Astrologie so nicht vorhanden sind. Die Vargas, insbesondere das Navamśa-Chart, sind somit unverzichtbare Werkzeuge für ein umfassendes Verständnis der vedischen Astrologie und ihrer Anwendung in der persönlichen Lebensanalyse.

Die Ādityas: Eine tiefgründige Betrachtung der Sonnenzeichen

In der westlichen Astrologie nimmt das Sonnenzeichen eine zentrale Stellung ein, basierend auf dem Sternzeichen, in dem sich die Sonne zum Geburtszeitpunkt befindet. Diese Konzeption findet eine faszinierende Entsprechung in der vedischen Astrologie, wo die Sonne als Symbol der Seele gilt. Im Folgenden soll gezeigt werden, wie die Position der Sonne in verschiedenen Zeichen innerhalb der vedischen Astrologie interpretiert wird und welche Bedeutung dabei den Ādityas zukommt.

In der vedischen Astrologie wird angenommen, dass die Sonne bei ihrem Eintritt in ein Zeichen einen spezifischen Wunsch oder ein Bestreben mit sich bringt, der oder das den Horoskopeigner prägt. Dieser Wunsch wird durch die Eigenschaften des Āditya beeinflusst, der dem jeweiligen Zeichen zugeordnet ist. Die Ādityas, als Halbgötter der vedischen Mythologie, repräsentieren unterschiedliche Lebensaspekte und universelle Prinzipien.

Die Ādityas, Söhne von Āditi und Kaśyāpa Muni, sind in der vedischen Mythologie tief verwurzelt. Der erste Sohn, Surya, symbolisiert die Sonne selbst. In der vedischen Astrologie wird die Sonne nicht nur durch das Zeichen bestimmt, in dem sie steht, sondern auch durch die charakteristischen Merkmale des entsprechenden Āditya.

Conrad Maess

Zuordnung der Sonnenzeichen zu den Ādityas

  1. Widder (Surya): Dhata oder Savitur symbolisiert den Wunsch nach Schöpfung und einer idealen Welt.
  2. Stier (Aryaman): Steht für Großzügigkeit und Adel, mit dem Bestreben, das Wohlbefinden der Familie zu fördern.
  3. Zwillinge (Mitra): Verkörpert Ritterlichkeit und Beständigkeit, mit dem Ziel, weltweite Freundschaft zu fördern.
  4. Krebs (Aruna oder Varuna): Repräsentiert die Macht der Bestrafung und des Segens, mit dem Wunsch, komplexe Probleme zu lösen.
  5. Löwe (Indra oder Sakra): Symbolisiert herrschende Mächte aus Wissen und Mut, mit dem Ziel, eine gerechte Herrschaft zu etablieren.
  6. Jungfrau (Vivasvan): Steht für Dienst und Reinheit, mit dem Bestreben, Fülle auf der Erde zu sichern.
  7. Waage (Pusan): Repräsentiert die Macht der Frage und Veränderung, mit dem Wunsch, bestehende Paradigmen zu hinterfragen.
  8. Skorpion (Parjanya oder Daksa): Symbolisiert die Kraft der Transformation, mit dem Ziel, Veränderungen herbeizuführen.
  9. Schütze (Amsa oder Amsuman): Verkörpert Gerechtigkeit und Fairness, mit dem Streben nach Gleichwertigkeit und Belohnung durch Arbeit.
  10. Steinbock (Bhaga): Steht für die Macht der Arbeit und symbolisiert das Bestreben nach industriellem Fortschritt und großen Errungenschaften.
  11. Wassermann (Tvastä): Repräsentiert die Fähigkeit zur Arbeit und Innovation, mit dem Ziel, ererbte Herausforderungen zu überwinden.
  12. Fische (Visnu oder Vaman): Symbolisiert den Verzicht und das Streben nach Spiritualität sowie die Akzeptanz universeller Wahrheiten.
  13. Die Bedeutung der Ādityas in der vedischen Astrologie unterstreicht die zentrale Rolle der Sonne als himmlisches Objekt, das nicht nur das astrologische Jahr leitet, sondern auch tiefgreifende Einflüsse auf die menschliche Existenz ausübt. Das Verständnis der verschiedenen Ādityas und ihrer Verbindung zu den Sonnenzeichen ermöglicht ein tieferes Verständnis unserer eigenen Lebenswege und Bestrebungen.

Die Genauigkeit der Prognose: Eine Analyse der Kombination von Prozession und Daśa-Periodensystemen

In der vedischen Astrologie wird die Genauigkeit von Vorhersagen durch eine komplexe Kombination verschiedener Systeme und Techniken erreicht. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Daśa-Periodensysteme und die Prozession der Äquinoktien. Diese Methoden ermöglichen es, präzise und detaillierte Analysen über verschiedene Lebensaspekte einer Person zu erstellen.

Das Daśa-System ist ein zentraler Bestandteil der vedischen Astrologie. Es gibt verschiedene Daśa-Systeme, die sich entweder auf Planeten, wie Udu Daśas, oder auf Tierkreiszeichen, wie das Rasi Daśas, beziehen. Das bekannteste unter ihnen ist das Vimshottari Daśa. Jedes Daśa-System repräsentiert spezifische Lebensaspekte, wie Gesundheit, Karriere, Partnerschaft oder das Empfinden in bestimmten Lebensphasen. Diese Systeme unterteilen sich in externe und interne Erfahrungen. Externe Erfahrungen beziehen sich auf sichtbare Lebensereignisse, wie beruflicher Erfolg, während interne Erfahrungen persönliche und emotionale Aspekte, wie Partnerschaften, Familienereignisse oder emotionale Zustände, umfassen.

Die Daśa-Systeme sind in verschiedene Zyklen unterteilt: Maha Daśa (äußere Zyklen), Antar Daśa (innere Zyklen) und Pratyantar Daśa (innerste Zyklen). Je kleiner der Zyklus, desto präziser ist die Prognose. Diese Zyklen ermöglichen es, Vorhersagen über längere Lebensabschnitte sowie über spezifische Ereignisse und deren genauen Zeitpunkt zu treffen.

Neben den Daśa-Systemen spielen auch Planetenprogressionen eine wichtige Rolle. In der vedischen Astrologie werden Planeten in bestimmten Zyklen verschoben, ähnlich den Progressionen in der westlichen Astrologie. Ein Beispiel hierfür ist die Progression der Sonne im Navamśa (D9), die Aufschluss über partnerschaftliche Erfahrungen gibt. Die Sonne wandert hierbei jährlich durch ein Tierkreiszeichen, wobei jeder Durchgang spezifische Lebensjahre repräsentiert. Aspekte der prozessierten Sonne auf bestimmte Häuser können Hinweise auf wichtige Lebensereignisse geben, wie die Eingehung einer festen Partnerschaft oder beruflichen Erfolg.

Die Integration dieser verschiedenen Prognosemethoden – Daśa-Zyklen, Prozession und Planetenprogressionen – ermöglicht es, äußerst genaue Aussagen über den Lebensverlauf und spezifische Zeitabschnitte im Leben eines Menschen zu treffen. Durch die Kombination dieser Techniken kann die vedische Astrologie detaillierte und präzise Vorhersagen bieten, die weit über allgemeine Aussagen hinausgehen.

»Die Genauigkeit der Prognosen in der vedischen Astrologie ist somit nicht nur ein Zeugnis ihrer tiefen Verwurzelung in traditionellen Praktiken, sondern auch ihrer Anpassungsfähigkeit und Relevanz in der modernen Welt.«

Die vedische Astrologie stellt somit ein hochkomplexes, aber präzises System dar, das durch die Verwendung verschiedener Methoden und Techniken detaillierte Einblicke in das Leben und die Zukunft einer Person ermöglicht. Die Genauigkeit der Prognosen in der vedischen Astrologie ist somit nicht nur ein Zeugnis ihrer tiefen Verwurzelung in traditionellen Praktiken, sondern auch ihrer Anpassungsfähigkeit und Relevanz in der modernen Welt.

Conrad Maess

Zum Autor:

 

Conrad Maess ist ein anerkannter Experte in der Welt der vedischen und westlichen Astrologie mit über 35 Jahren Erfahrung sowie Jyotisha Pandit. Seine umfassende Ausbildung begann er 1991 und genoss unter anderem eine intensive Ausbildung in vedischer Astrologie in Indien zwischen 2005 und 2008. Conrad hat sich auch durch autodidaktisches Studium in vedischer Philosophie, Yoga, Ayurveda, Reiki und Metaphysik weitergebildet.

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