Kosmische Einflüsse auf das irdische Leben
Der Himmel und die Gestirne üben einen Einfluss auf die Geschehnisse auf der Erde aus, und so auch auf die Pflanzen, die hier gedeihen. Anhand der Signaturenlehre, die bereits von den ägyptischen Tempelpriestern, den Alchemisten und auch Paracelsus angewandt und mitentwickelt wurde, lassen sich Symbole und Analogien erkennen und entziffern. Im folgenden Beitrag geht die Autorin und Permakulturgärtnerin Evelin Rosenfeld insbesondere auf die Sonnensignatur der Pflanzen ein.
In meinem Kräutergarten arbeite ich mit sogenannten »Sonnenpflanzen«. Diese Bezeichnung lässt sich durch die Signaturenlehre der Alchemisten und die Erkenntnisse von Paracelsus erklären. Hier werden Analogien zwischen der Eigenart einer Pflanze und den Planeten unseres Sonnensystems genutzt, um die Heilkraft einer Pflanze einzuschätzen. Die früheren chinesischen Heilkundigen, die griechischen Ärzte und später auch Paracelsus arbeiteten zudem mit Analogien zwischen der Pflanzenerscheinung und den Beschwerden des menschlichen Körpers, um die passende Heilpflanze zu finden. Allen Seinsforschern aus allen Zeiten und Kulturkreisen ist jedoch gemeinsam, dass sie den »Himmel«, die Gestirne und ihren Lauf als wesentliche Einflussfaktoren für das Geschehen auf der Erde betrachteten.
Die Beziehung zwischen Kosmos und irdischem Geschehen
In der ältesten Aufzeichnung der Alchemie, der Tabula Smaragdina, wird der Zusammenhang zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos benannt. Es heißt in der lateinischen Übersetzung:
»Quod est inferius, est sicut (id) quod est superius, et quod est superius, est sicut (id) quod est inferius, ad perpetranda miracula rei unius. (…) Ascendit a terra in coelum, iterumque descendit in terram, et recipit vim superiorum et inferiorum.« Auf Deutsch: Siehe, das Oberste kommt vom Untersten, und das Unterste vom Obersten; ein Werk der Wunder von einem Einzigen. (…)
Hiermit wird konstatiert, dass die Verbindung zwischen Erde und »Himmel« den belebten Körper hervorbringt, und dass es beider Kräfte – der irdischen und der kosmischen – bedarf, um das Wunder des Lebendigen hervorzubringen.
Die Alchemie – »der Weg des großen Werkes« – ist eine orientalische Tradition, deren Wurzeln in dem Bemühen, unedle in edle Metalle zu verwandeln, gründet und bereits bei den ägyptischen Tempelpriestern vorzufinden war, aber auch in der altgriechischen Weltenphilosophie und in der persischen wie babylonischen Elementen- und Planetenlehre. Die praktischen Motive der ägyptischen Stoffumwandlung verschmelzen mit den abstrakten Betrachtungen griechischer Gelehrter zu einer Anschauung und einer Praxis, in der die Verwandlung der materia prima (Ursubstanz) in die materia ultima (Stein der Weisen) im Vordergrund steht. Ob dieser »Stein der Weisen« nun Gold (aus einem unedlen Metall geboren), die »Panacea« (Allheilmittel) oder schlicht Träger und Mittler reiner, universeller Energie und Einsicht ist, hängt von dem Kulturkreis und der Intention des Praktizierenden ab.
»Die Alchemisten gehen davon aus, dass die Planeten durch ihre Bewegungen (und damit verbundenen Schwingungen) alle Materie innerhalb des Sonnensystems prägen.«
Anders als in der modernen Chemie, die sich ausschließlich mit den irdischen und mit den fünf Sinnen überprüfbaren Vorgängen befasst, bezieht die Alchemie grundsätzlich die kosmischen Vorgänge und Zusammenhänge in ihr Wirken ein. Aus den Hinweisen der Tabula Smaragdina und den aristotelischen Anfängen lässt sich entnehmen, dass bereits zu Zeiten der Stoiker die Wechselwirkungen zwischen dem Planetensystem und den irdischen Vorgängen untersucht und in die Alchemie einbezogen wurden. In der weiteren Entwicklung wurden das Planetensystem und die besonderen Eigenschaften der sichtbaren Gestirne – Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sowie Sonne und Mond – mit bestimmten Eigenschaften in Beziehung gesetzt, wie sie sich in der belebten Natur auf der Erde zeigen. Die Alchemisten gehen davon aus, dass die Planeten durch ihre Bewegungen (und damit verbundenen Schwingungen) alle Materie innerhalb des Sonnensystems prägen. Pythagoras stellte zwischen den Himmelskörpern und dem Erdenleben einen Zusammenhang über bestimmte Klänge her (siehe Sphärenmusik): Ein bestimmter Ton/ein bestimmtes Intervall entspricht einer Schwingungsfrequenz. Diese Schwingungsfrequenz findet sich aus Sicht der Erde in der Planetenbewegung wieder. Diese Zusammenhänge wurden akribisch beobachtet, diskutiert und kategorisiert und stellten den Kern aller Wissenschaften über Jahrhunderte dar. Erst Paracelsus bediente sich – mehr als ein Jahrtausend später – der intuitiv-sinnlich anmutenden Analogien wie Farbe, Form, Geschmack und Geruch und betrat somit – endlich – den von Aristoteles bereiteten Boden zur »materia prima« und ihren Schlüsselqualitäten:
»Ihr wisset durch die Kunst der Signatur, dass jedes Ding nach dem, aus dem es ist und, zu dem es gehört, gezeichnet wird, damit es immer gleich gefunden werde, wie es die Kunst der Signatur anzeigt, die der Arzt kennen soll, um dies zu verstehen.«
Diese scheinbare Vereinfachung mag den Laien dazu verleiten, ohne eingehende Beobachtung und interdisziplinäre Bildung »aus der Lamäng« eine Signatur zu bestimmen. Hier unterschätzt er jedoch die Tiefe des alchemistischen Wissens, das ganzheitlich, aber sicherlich nicht trivial ist. In der Trivialliteratur finden sich Beschreibungen wie diese:
»In der Pflanzenwelt entstehen unter dem Einfluss der Sonne strahlenförmige, gelbe Blüten wie Arnica oder Cactus grandiflora, während Marspflanzen zumeist rote Blüten, Blätter oder Früchte produzieren, begleitet von scharfen Dornen wie bei Berberis oder Rosen. In der Tierwelt gehören zur Sonne radiärsymmetrische Formen mit acht oder mehr Armen wie Heliozoen oder Sepia, während zum Mars die Vierbeinigkeit gehört. Die Oktave der Sonne prägt hierbei oktogonale Körper wie Gold oder Diamant, während Mars mit seiner Quarte zum Beispiel kubische Metalle und Mineralien prägt, wie Eisen, Pyrit oder Granat.« Zwar klingt über die Zusammenschau von Planeten – Zahl – Erdenkörper das Wissen um Rhythmik und Schwingungslehre an. Dies zu ergründen und zu erfassen, damit wir es für unsere eigenen Heilwege nutzen können, erfordert allerdings weit mehr als die vereinfachten Korrelationstabellen.
Signaturen in der Alchemie
Die Beobachtung der Himmelskörper war in der Antike sowie davor ein zentrales Objekt der Gelehrten: zur Deutung gegenwärtiger und künftiger Vorgänge (etwa für die Ausrichtung religiöser Handlungen, aber auch für die Politik), zur Erkundung von Krankheitsursachen und Heilwegen, zur Ergründung kosmischer Wirkungen auf die irdischen Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde mit all ihren lebensspendenden Funktionen für die Menschen. In der Alchemie geht es den Gelehrten vor allem um einen Vorgang, den sie »Transmutation« nannten – die Verwandlung vom einen zum anderen. Sie nehmen an, dass jede Materie
- ihren Ursprung in formloser, durch den Kosmos geprägter Energie hat.
- beseelt und damit lebendig ist.
In jedem der sieben »alten Planeten« wird eine ganz bestimmte Qualität erkannt, die sich auf den Vorgang der Zeugung und Materialisation auswirkt. Diese Qualitäten erscheinen in den ägyptischen, babylonischen, griechischen und römischen Götterwelten als Archetypen. Hieraus leiteten die vorzeitlichen Alchemisten auch die Elementenlehre ab, die einen Bezug zwischen Himmelskörpern und irdischer Materie herstellt. Merkur/Quecksilber – als Repräsentant des (kosmischen) Geistes – und Sulfur – als Repräsentant des irdisch Beseelten – gewannen im alchemistischen Kontext eine überragende Bedeutung, da ihre Vermählung die Voraussetzung für die Bildung des Körpers (Sal) ist.0
Die Bildung des Sal geschieht zu einem bestimmten Zeitpunkt während einer bestimmten Planetenkonstellation. Diese Planetenkonstellation bestimmt die »Signatur« eines Körpers. Paracelsus arbeitete im 16. Jahrhundert diese Prinzipien in pragmatischer Weise zur medizinischen Anwendung auf. Jedes Erdengeschöpf ist somit von kosmischen Einflüssen geprägt und oftmals spiegelt es die Qualitäten eines bestimmten Planeten besonders deutlich. Um diese Qualitäten möglichst gut zu erfassen, reichen die fünf Sinne nicht aus – vielmehr bedarf es einer metaphysischen Wahrnehmungsfähigkeit, die das (Noch-Nicht-)Stoffliche ebenso zu erfassen vermag, wie das Stoffliche. In der Alchemie geht es um das Herausarbeiten der Quintessenz eines Stoffes, wobei der »Stein der Weisen« alias »das Gold« – nicht nur im stofflichen Sinne – Jahrhundertelang das Zentrum der alchemistischen Bestrebungen bildete. Und Gold ist der Repräsentant der Sonnenenergie.
Die Sonnensignatur im Zeitgeschehen
Seit etwa hundert Jahren dringen erneut – nach fast zweitausend Jahren der Andersorientierung – spirituelle Inhalte in das Bewusstsein vieler Menschen. Bewusstseinsbildung, das Entwickeln einer Gesamtschau, die Orientierung an Werten und Größen oberhalb individueller Bedürfnisbefriedigung sind Themen, die nicht mehr nur von einer kleinen, exotischen Elite thematisiert werden. Die Sonne steht von jeher für die Geistesentwicklung, die »Belichtung«, das Lebendige.
»Die Sonne steht von jeher für die Geistesentwicklung, die »Belichtung«, das Lebendige.«
Surya ist in den hinduistischen Veden die Personifizierung der Sonne, der Wärme und des Lichts. Im alten Ägypten (2.600 vor Christus) war die Sonne Ra, die oberste Gottheit, das rechte Auge des Horus. Unter dem Pharao Echnaton wurde sie als »Aton« zum einzigen Gott erklärt und angebetet. In Japan ist die Sonnengöttin Amaterasu die Urmutter des japanischen Volkes, geboren durch das linke Auge des Schöpfergottes. In der hebräischen Bibel wird die Sonnensphäre als das Herrschaftsgebiet der Elohim, der Geister der Form beschrieben. Von der Sonne aus senden sechs der Elohim, der Schöpfergötter, von denen in der Genesis gesprochen wird, Licht und Liebe der Erde zu. Jahve, der siebente der Elohim, sendet mit dem vom Mond reflektierten Sonnenlicht seine Weisheit zur Erde. Der führende Erzengel der Sonnensphäre ist Michael. Die Sonne wurde zu allen Zeiten und in allen Kulturen als Lebensspenderin auf der Erde verehrt und zugleich mit dem geistigen Licht, mit der Erkenntnisfähigkeit assoziiert.
»Die Sonne wurde zu allen Zeiten und in allen Kulturen als Lebensspenderin auf der Erde verehrt und zugleich mit dem geistigen Licht, mit der Erkenntnisfähigkeit assoziiert.«
In der heutigen Zeit, in der Sonnenstürme erneut (nach Tausenden von Jahren des relativen Stillstandes) das Leben auf der Erde durch das massive Einströmen von Magnet- und Elektronenwellen beeinflussen und nicht nur das menschliche Nervensystem in eine enorme Dynamik bringen, betrachte ich es als wichtig, die Sonnenqualität im besten Sinne zu erkunden, aufzunehmen und zu transformieren. Der Energiezufluss ist so stark, dass vieles aus dem gewohnten Gleichgewicht fällt. Dies kann sowohl zu Zerstörung und Chaos führen als auch zu einer Anreicherung und Erweiterung der empfangenden Organismen. Deshalb fokussiere ich meine Arbeit auf die mit der Sonne verbundenen Qualitäten und nutze die Pflanzen als Mittler, Transformatoren und Verstärker, um uns Menschen bei der Integration ebendieser Sonnenqualitäten zu unterstützen.
Die Rolle der Pflanzen
Mithilfe der traditionellen Heilpflanzen, die ihrerseits deutliche Sonnensignaturen tragen, sehe ich eine Möglichkeit, unser menschliches System mit dem zunehmenden solaren Einfluss vertraut zu machen und zu harmonisieren.
»Pflanzen unterscheiden sich per se von den anderen Erdenwesen, da sie Materie aufbauen können, ohne zuvor (feste) Materie zu zersetzen.«
Pflanzen unterscheiden sich per se von den anderen Erdenwesen, da sie Materie aufbauen können, ohne zuvor (feste) Materie zu zersetzen. Wir nennen diesen Vorgang »Photosynthese« und beschreiben ihn in der stofflichen Biochemie als Umwandlungsprozess von gasförmigem Kohlendioxid und Wasser zu fester Materie (langkettigem Zucker). Dies geschieht auf der Basis von Lichtenergie, die Pflanzen dank ihres einzigartigen Zellapparates steuern und zum Materieaufbau nutzen können. Diese reduzierte und rein stoffliche Betrachtung bedarf allerdings der Ergänzung um unzählige feinstoffliche Merkmale, die wir allein bei Pflanzen finden und die auf einzigartige Weise irdische und kosmische Kräfte zusammenzuführen und zu lenken vermögen. Aus alchemistischer Sicht übernehmen die Pflanzen für uns die Zusammenführung der materia prima (gebildet aus den vier irdischen Elementen) und der quinta essencia (dem »Fünften Wesentlichen«) zur materia ultima.
»Nun wissen wir aus der Alchemie und auch aus abgeleiteten Wissenschaften, dass bestimmte Pflanzen die Qualitäten bestimmter Planeten widerspiegeln.«
Nun wissen wir aus der Alchemie und auch aus abgeleiteten Wissenschaften, wie etwa dem biodynamischen Landbau, dass bestimmte Pflanzen die Qualitäten bestimmter Planeten widerspiegeln. Aus den oben beschriebenen Gründen konzentriere ich meine Arbeit für Wild Natural Spirit auf Pflanzen mit Sonnensignatur.
Was sind das für Pflanzen und wie wirken sie?
Sonnenpflanzen
Auf dem Berg Aditi bauen wir folgende Heilpflanzen an: Ringelblume, Saatfenchel, Kamille, Sonnenhut, Salbei, Lavendel, Schafgarbe, Baldrian, Wasserminze, Kause Minze, Pfefferminze, Melisse, Ysop, Thymian und Wermut. Wir arbeiten grundsätzlich auf das Sonnenprinzip hin, doch da wir ebenfalls das gesamte Spektrum der Elementarenergien (nach der Traditionellen Chinesischen Medizin) abdecken möchten, erscheinen in unseren Permakulturgärten auch Pflanzen, die neben der deutlichen Sonnensignatur weitere planetarische Aspekte tragen. So sind die fünfzehn traditionellen Heilkräuter, die ich zur Herstellung kostbarer Essenzen ausgewählt habe, nicht vollständig deckungsgleich mit den Pflanzen, die der verehrte Kollege Manfred Junius in seiner »Pflanzenalchemie« als »Sonnensignatur« benennt. Zum einen ist es aus meiner Sicht von hoher Relevanz, dass wir mit »ätherischen« Heilpflanzen arbeiten – also mit solchen Pflanzen, die durch ihren hohen Gehalt an ätherischen Ölen ein großes Aktivierungs- und Durchdringungspotenzial in sich tragen. Zum anderen hielt ich mich bei der Identifikation der expliziten Sonnenpflanzen nicht nur an Gestalt, Farbe, Duft und Geschmack (im intuitiven Sinne des Paracelsus), sondern auch an eine Reihe metaphysischer Merkmale. Wesentlich für meine Arbeit sind einerseits die wärmenden, vitalen, aufgerichteten und dynamischen Qualitäten der verwendeten Pflanzen, andererseits ihre klare Zuordenbarkeit zu einer der Fünf Wandlungspahsen, auf denen die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) basiert.
»Aus einer alchemistischen Sicht spiegelt sich das »Fünfte Wesentliche« der Sonne somit in den fünf elementaren Kräften des irdischen Lebens und in der menschlichen Dreiheit Geist-Körper-Seele.«
Aus einer alchemistischen Sicht spiegelt sich das »Fünfte Wesentliche« (quinta essencia) der Sonne somit in den fünf elementaren Kräften des irdischen Lebens und in der menschlichen Dreiheit Geist-Körper-Seele. Junius benennt zum Beispiel als eindeutige Sonnensignatur die Matricaria chamomilla – die Echte Kamille. Doch er sieht in ihr auch Aspekte der Venus gespiegelt. Das Aufrechte, Balsamische und Vitale dieses Heilkrauts gemeinsam mit den lichten Farben spricht deutlich für eine Sonnensignatur. Das Wärmende, Kräftigende, Gesammelte aus TCM-Sicht führt eine deutliche Erdqualität mit auf. Venus ist im Zodiak dem Stier zugeordnet, der fixierten Erde.
Im Unterschied zu Junius sehe ich zum Beispiel auch die Salvia officinalis deutlich als Sonnenpflanze (Junius ordnet den Salbei dem Jupiter zu). Der Salbei entspricht keineswegs den intuitiv-paracelsischen Merkmalen einer Sonnensignatur: Weder enthält er die Farben gelb, rot, orange noch hat er strahlenförmige Blüten. Doch der Salbei verfügt über eine derart machtvolle Vitalität, Strahlkraft und Standfestigkeit, und weist zusätzlich trocknende und zentrierende Eigenschaften auf, sodass ich mehr als deutlich seine Sonnensignatur vernehme. Die ausdehnend-überbordenden Eigenschaften, die Jupitersignaturen (wie Junius zuordnet) mit sich bringen, kann ich beim Salbei nicht feststellen. Ein weiteres Beispiel sind die Minzen. Das Charakteristische an den Minzen ist die Wirkung, die dem Menthol zugeschrieben wird: Durchdringend, ausdehnend, befreiend und aktivierend sind sie uns treue Begleiterinnen bei Kopf- und Gliederschmerzen, bei belegten Atemwegen und rumorendem Magen. Junius ordnet die gesamte Familie der Venus zu. Venus als Inbegriff der Harmonisierung, des Weiblichen und Fruchtbaren. Das beobachte ich bei den Minzen nicht – jedenfalls nicht überdurchschnittlich ausgeprägt, sodass ich ihnen eine Venussignatur zuweisen würde. Vielmehr dominieren auch bei ihnen die Steh- und Strahlkraft, Vitalität. Trocknung und Temperierung – klare Sonnensignaturen, im Besonderen um die raumgreifenden Aspekte des Holzelements der TCM ergänzt. Ich möchte jedoch keinesfalls streiten: Längst habe ich mich von der Illusion des absoluten Wissens gelöst und vertraue der subjektiven Wahrnehmung jedes Menschen auf seine Art. Dies ist das Schöne an unserer Mutter Natur: Sie lädt uns ein, selbst zu spüren und zu erleben, uns einzulassen auf die Begegnungen, die sie uns schenkt, und uns zu laben an dem, was uns guttut und richtig für uns ist. Die Erfahrungen und Beobachtungen der anderen Menschen können uns inspirieren und neue Wege zeigen. Doch um die Wege tatsächlich in uns aufzunehmen, müssen wir sie selbst gehen – und unsere eigene Sicht und Handhabung finden. Gleichwohl sind wir alle große Resonanzkörper – die Alchemie sagt: Wie Innen so Außen, wie Oben so Unten. Nichts, was wir erleben, hat nichts mit uns zu tun. Oder: Alles, was uns zuteilwird, entspringt dieser einen Quelle, aus der unsere Seele sich nährt, wie auch alles andere, das lebt. Insofern sei zum Umgang mit den Erdenwesen, insbesondere den Heilpflanzen zuletzt noch angefügt: Wenn wir die Qualität der Sonne suchen, um uns mit ihrer besonderen Energie bewusst zu verbinden, spielt natürlich nicht nur die Erscheinung der Pflanze eine Rolle, sondern in gleichem Maße auch das Feld, in dem sie gedeihen, und die Art, wie sie in Verwendung gebracht werden: Standort, natürliches, maschinenfreies Gedeihen und die Reinheit ihres Präparats (Monoprodukte ohne Zusätze) sind ebenfalls Ausdruck der solaren Prinzipien von Reinheit, Klarheit, Unversehrtheit.
So hoffe ich, mit Wild Natural Spirit einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Wandlungsprozesse, in denen sich die Erde und mit ihr die Menschheit gerade befindet, einen lichten Verlauf nehmen, sich zu Ausdehnung, Anhebung, Belichtung entwickeln.
Zur Autorin
Evelin Rosenfeld lebt seit 2016 in Oberfranken auf einem über Jahrzehnte verwilderten Gelände. Unter der Firma »Wild Natural Spirit« baut sie dort auf 35.0000 Quadratmetern in biozertifizierter Permakultur traditionelle Heilkräuter an und verarbeitet diese – maschinenfrei – zu kostbaren pflanzlichen Präparaten.
Literatur
M. Junius: Praktisches Handbuch der Pflanzenalchemie