Von meiner erwach(s)enden Liebe zur Erde
Autorin: Gerlinde Henriette Stärk
Die Autorin führt uns mit Feingefühl in ihre Innenwelt, die einerseits von einer wachsenden Liebe für die Erde und das Leben geprägt ist, andererseits werden diese Einklangserfahrungen durch alltägliche Schwierigkeiten und Konflikte in den Hintergrund gedrängt. In ihren Schilderungen kann man sich selbst erkennen und sich gemeinsam auf die Suche nach dem vermeintlich Vergessenen begeben, das in unseren Körpern und Herzen schlummert.
»Du wundervolle Göttin, alte weise Mutter, Erde!
Deine Liebe ist so kraft- und sinn(lich)voll,
Du erfüllst vorbehaltlos mit Leben aus Schönheit und Form,
erst in vertrauensvoller Hingabe an Dich
wird Deine bedingungslos haltende und nährende Liebe wahrnehmbar,
spüre ich meine Wurzeln in Dir, kann ich aus Dir wachsen – aufwach(s)en und
eine sanfte Verbindung zwischen Dir und dem Himmel sein – ein Herz!«
Ich liege im Bett, der Tag war dicht und erfüllt. Meine Füße waren die ganze Zeit in direktem Kontakt mit der Erde. Sie singen mir ein Gutenachtlied; sie singen von der Liebe zur Erde und sprechen von all den Erlebnissen des heutigen Tages. Die Zellen meiner Fußsohlen schwingen und klingen ganz lebendig; wie kraftvoll und wach sie noch sind. Schön, ihren Geschichten zu lauschen, und dabei lächle ich innerlich. Diese Kraft strotzt nur so vor Sinnlichkeit und erotischem Sehnen. Sie durchströmt meinen ganzen Körper und feiert mich zum Tagesausklang. Ich bade in der Liebe, dem Eros, was ich bin. Friedlich schlafe ich ein.
Wenn meine Fußsohlen den nackten Boden von Mutter Erde berühren und meine Hautzellen von der Sonne satt bestrahlt und durchwärmt sind, dann gibt es keinen Zweifel, ich bin geliebt, einfach weil ich bin. Denn diese pulsierende Lebenskraft sagt nichts anderes als »Du bist – und so wie du bist, bist du wertvoll und wunderschön, eben Natur«.
Der Verstand hat unter diesen Bedingungen keine Chance, mir die alte Geschichte zu erzählen, dass mein Wert abhängig von errungenen Leistungen oder irgendwelchen einschränkenden Bedingungen im Außen sei. In dem Moment, wo meine irdisch-himmlischen Eltern mit ihrer Kraft meinen Körper informieren können und ich mein Sinnesinstrument Körper auf Empfang stelle und in bewussten Hautkontakt mit der Erde gehe, erreicht ihre Liebe mein Gemüt und mein Herz. Die weibliche Urkraft strömt und pulst von unten in mich ein; sie verbindet mein unteres Beckenherz mit meinem oberen Fühlzentrum. Beide tanzen im Einklang mit dem Herz der Erde. Sie singen vom Frieden, von der Liebe zum Leben und der wild, kreativ-erotischen Zeugungskraft, die wir alle in unserem Hara beherbergen. Der Geschmack ist süßlich, der Geruch wie eine Blumenwiese und die Kraft hebt mich weit über mein kleines Ich hinaus.
Geborgenheit in der Natur
Wenn also die zärtliche, wärmende Sonne durch meine sinnesoffene Haut bis ins Mark meiner Knochen sinken kann, breitet sich das Gefühl von Geborgenheit aus – ein gehaltenes, sicheres und warmes Einsinken in meine eigene Tiefe. Alles ist in diesem weiblichen Liebesraum willkommen, auch die alte Schwere.
Sie hat jedoch jetzt hier nicht die Führung. Sie kann hier nicht bestimmen, wer ich bin. Denn klar ist, »ich bin ehrenwerte Natur«: Ich bin Sonne, ich bin aus dem Stoff der dunklen Erde; ich bin Wind und Atem, der mich erfrischt und wehend weitet; ich bin das Feuer der Kraft in meinen Adern des Blutes.
Im spielerischen Informationsaustausch mit all den Wesen der Erde, die mich umgeben, scheint es mir so, als würden wir irdische Wesen nichts anderes tun, als uns gegenseitig lustvoll zu erinnern, wer wir sind. Das ist es im Austausch, was uns erfüllt, was uns wirklich nährt; dies macht uns glücklich und dann fühlen wir uns liebend verbunden: Der springende Punkt dabei ist meine Empfänglichkeit, meine Präsenz und meine Bereitschaft, diese Informationen des Universums in mein Bewusstsein aufzunehmen, mich in meinem Bewusstsein berühren zu lassen, führen zu lassen in das eine Sein. In jenem Raum sind wir alle Brüder und Schwestern.
»Das Denken tritt in den Hintergrund und das Fühlen des Berührtseins gelangt gegenüber dem denkenden Verstand wieder in seine natürliche Ordnung.«
In dieser Berührung ist das Erinnern plötzlich ganz leicht, das Denken tritt in den Hintergrund und das Fühlen des Berührtseins gelangt gegenüber dem denkenden Verstand wieder in seine natürliche Ordnung. Unendlicher Frieden stellt sich ein. Das klingt sehr schön, doch wie ist es, wenn Kontakt zwischen uns Menschen zu Unfrieden, zu Reibung führt? Warum vermeide ich unter Spannung diese Berührung, fragte ich mich gestern. Dieser Frage gehe ich gleich heute auf die Spur, nachdem ich gestern einen Konflikt mit meiner Nachbarin hatte. Sie will wegen Ratten die Tür im Flur immer geschlossen haben und hängt dafür einen Zettel auf. Ich will ihr sagen, dass ich diese Zettel nicht mag. Nach dem Gespräch bemerke ich, dass wir vor nicht allzu langer Zeit einen fast identischen Dialog führten. Ich gehe weiter auf Spurensuche und hole mir die Situation innerlich noch mal her. Kurz bevor ich in den gemeinsamen Raum mit meiner Nachbarin trete, lege ich mir ein paar Sätze parat, die ich innerlich von meinem höheren Richter-Ich absegnen lasse. Also da gibt es jemanden, der innerlich sagt, du hast recht. Also muss es auch etwas in mir geben, das dieses Recht infrage stellt. Sekundenschnell katapultiert mich der soziale Rahmen dieses Kontakts in ein automatisiertes, konditioniertes Programm von Denken, Handeln und Fühlen, das sich scheinbar ohne mein bewusstes Zutun anschält.
»Klar ist, »ich bin ehrenwerte Natur«.«
Das kommt mir doch bekannt vor, zum x-ten Mal lande ich in einem Raum, indem ich Gefühle kontrolliere, ruhige Worte sage, mich rechtfertige, argumentiere, als ginge es darum, herauszufinden, was richtiger oder rechter sei. Wobei mein Ich ja schon im Vorfeld entschieden hat, dass meines rechter ist als diese Angst vor Ratten. Jene findet ihre Bedürfnisse verständlicher und wehrt sich gegen die der anderen, das alles in einer Hülle von scheinbarem äußerem Respekt. Schnelle elektrische Feuerprogramme sprechen Worte und Sätze. Wir beide befinden uns in einer sozialen Programmschleife: »Angst auf keinen Fall fühlen, auf keinen Fall ins Bewusstsein lassen. Man hat doch keine Angst vor Menschen, schon gar nicht wegen so einer kleinen Lappalie.«
Wieder und wieder vergesse ich, ich vergesse ganz besonders, wenn ich mit Menschen bin, wer ich bin und damit, wer mein Gegenüber ist. Ohne mir dessen bewusst zu sein, verliere ich mein Bewusstsein, und indem ich meinen Verstand so groß fühle, glaube ich, bewusst zu sein. Die Angst vor Ablehnung, vor Strafe, Zurückweisung, davor, nicht geliebt zu sein, hat mich so im Griff, dass das Nervensystem die alleinige Überlebensführung übernimmt und das, ohne dass ich es weiß, und dass bei einer so klitzekleinen Lappalie. Das ist doch krass. Ich flüchte mich also in Wahrheit vor der Angst – meine Nachbarin könnte mir sagen, dass ich nicht richtig sei – in Gedankenprogramme, die im Außen den Konflikt zwar lösen, also ich mache die Tür zu … es bleibt jedoch ein fahles Gefühl von Unkontakt, von Distanz und Trennung im Nachklang übrig. Wir haben nicht das Erinnern gelebt, sondern das Vergessen kultiviert.
Der Krieg in mir
Ich nehme meine tiefe innere Wahrheit nicht wahr, das Kind in mir soll sich zusammenreißen, zum hunderttausendsten Mal. Damit bestätige ich das alte Programm immer wieder neu. Wie kann ich bloß aussteigen, wie finde ich den Anker, den Schalter in mein Bewusstsein zurück? Wie kann ich mich erinnern, direkt den Schalter des Bewusstseins zu drücken? Wie kann ich mein inneres Kind, das Angst hat, auch wenn ich es im Augenblick nicht fühle, in den Arm nehmen, am besten schon als Vorbereitung auf das Gespräch? Und dann meine Nachbarin hören, während die Angst meiner Kleinen sich auf meinem Arm entspannt. Ich werde empfänglich, ich rede weniger, höre immer noch, fühle mich nicht mehr angegriffen. Durch den Zettel von meiner Nachbarin hat etwas in mir gedacht, ich hätte etwas falsch gemacht, und etwas in mir will gehört werden, will ihr sagen, dass ich richtig bin. Sie hat mich also nur auf einen schon bestehenden Krieg in mir aufmerksam gemacht, der mit ihr gar nichts zu tun hat. Ich höre immer noch, und es gibt nicht viel zu sagen, am Ende verstehe ich, warum sie einen Zettel aufgehängt hat. Ich habe ja nicht wirklich zugehört und damit Berührung vermieden. Nun gibt es nichts zu sagen, alles ist klar, so schnell, und ich gehe und spüre Verbindung zu mir und zu ihr, ich bin erinnert, wie schön – wir sind. Die Tür fällt danach ganz von selbst in ihre flüssigen Positionen.
»Wenn wir uns gedanklich nicht verurteilend in die Entfaltung unseres inneren Energieraumes einmischen, findet eine Ausdehnung bis zum Maximum statt.«
Im gegenwärtigen Raum unseres bedingungslos offenen Gewahrseins ist auch Schwere, Angst und tiefer Schmerz willkommen. Hier braucht sich niemand mehr zu verstecken oder zu schämen. Auch die Scham hat hier ihren Platz. Alles darf sich ausdehnen in einem bewussten, mütterlichen Raum des »Ich bin gehalten«. Wenn wir uns gedanklich nicht verurteilend in die Entfaltung unseres inneren Energieraumes einmischen, findet eine Ausdehnung bis zum Maximum statt, wie beim Aufblasen eines Luftballons. Er platzt ganz natürlich als Folge des Energiezuwachses: Etwas zerreißt, stirbt und gleichzeitig wird etwas Neues geboren. Das unangetastete Bewusstsein allen Seins fließt ins Ganze zurück. Ein mystischer, geheimnisvoll alchemistischer Prozess der Wandlung und Transformation: Im Feuer erfährt das Licht Erlösung und stellt damit Verbindung und Einheit wieder her. So auch das Feuer der Reibung, das sich entzündet, den Druck ansteigen lässt, bis die Egoblase platzt und der Raum nun gereinigt den Weg zur Verbindung freigibt. Wir wollen häufig schon direkt zur Harmonie gelangen und landen dann in Scheinheiligkeit. Es gibt keine Abkürzung, das Ego muss platzen. Die Formen, die dieses Platzen annehmen kann, sind sehr variabel: von explosiv total veräußerlicht bis zärtlich sanft tief im Inneren stattfindend. Der Weg ist, nichts zu verurteilen, um dann in Bewusstheit zu erwachen und wirklich frei wählen zu können in Gedanken, Gefühlen, Worten und Taten.
Das Vergessen, wer wir sind
Wenn es an diesen erwähnten achtsamen Berührungen des Körper- und Seelenkontaktes mangelt, vergessen wir immer mehr, wer wir sind. Die Mauer der Getrenntheit wächst Tag um Tag.
In dem Moment, in dem wir vergessen, wer wir sind, kann die Angst in uns Einzug halten und unser Leben steuern. Als Folge davon halten wir uns an den Geschichten, alten ausgedienten Verträgen und Glaubensstrukturen fest, die wir uns als Kind gesponnen haben, um mithilfe einer vom denkenden Ich konstruierten (Schein-)Sicherheit zu überleben. Dafür halten wir die schmerzende Energie unserer Urwunde kontrolliert und müssen sie nicht fühlen. Eine Klientin hatte heute die Erkenntnis: »Lieber Sterben als Fühlen.« Dies sei ihr unbewusster Vertrag mit dem Leben. Der Preis dieser Unterdrückung und dieser Angstdiktatur ist Kampf und Anstrengung; gezwungen zu sein, ständig zu beweisen, dass ich jemand bin. Die Angst, dass jemand merken könnte, dass ich nichts bin, ist so groß und kostet damit mein wirkliches Leben, mein Lieben. Dieser Mechanismus läuft unbewusst so schnell ab, ihn zu greifen, erfordert Wachheit und klares Ausgerichtetsein.
Indem wir uns von der sinnlichen Natur getrennt – unsere(n) Sinn(e) betäubt haben und unsere Sehnsucht nach Sinn verschüttet ist – wir die Natur nur noch aufsuchen, um in ihr zu spazieren oder in ihr Urlaub zu machen und sie zu benutzen –, spüren wir nicht, dass wir ein Teil von ihr sind. Diesen Teil, der fehlt, spüren wir nicht. Den Fehler, der sich in unser Leben eingeschlichen hat, haben wir ins Unbewusste verdrängt. Über all die Kompensationen des Mangels in Form von Essen, Kaufen, Arbeiten, Konsumieren, Ausgehen oder Meditieren kreieren wir ein alltägliches Leben ohne Lücken. Wir geben uns keine Zeit zum Innehalten, um uns unserer inneren Leere bewusst zu werden und zu erkennen, dass wir trotz der äußeren Fülle im Mangel sind. Wenn wir unser Körpergefäß weiter desensibilisieren und von der spürbaren Natur fernhalten und damit unser Herz schwächen, landen wir in den modernen Diagnose-Labels der Medizin, wie Burn-out oder Hypersensibilität. Gibt es diese »Krankheiten« wirklich, oder ist das einfach eine neue Geschichte unserer Zeit, ein modernes gedankliches Konstrukt?
Ich stelle folgende These auf: »Sinnlich-fühlendes Naturerleben mit Haut und Haaren ist der Schlüssel für Heilung und Heimkehr zu uns selbst.«
»Gleichzeitig ist die Angst das große Tor, die Schwelle in meine wahre Wirklichkeit und zu meiner Natur zurück.«
Der Verstand hat sich in einer Zeit gebildet, die von unhaltbaren Ängsten und Schmerzen geprägt war. Die Angst vor diesem alten Schmerz liegt in mir, unter meiner Haut. Wenn wir uns für erinnernde Berührung öffnen, wird sie wach. Das Vermeiden der Angst hält mich in den einschränkenden Geschichten fest, ich laufe weg, ich tue alles, um ihr nicht begegnen zu müssen. Gleichzeitig ist die Angst das große Tor, die Schwelle in meine wahre Wirklichkeit und zu meiner Natur zurück. Das Leben hört nie auf, mich an dieser Schwelle zu berühren und zu rufen, um diese Wahrheit in das eine Bewusstsein zurückzubringen. Manchmal rüttelt das Leben sehr stark, sodass es fast mein Leben kostet, manchmal klopft es sanft, fast wie Musik.
Berührt sein
Aber wie komme ich an die bewegenden Urgründe, um fühlend zu erkennen? Kürzlich habe ich diesen Satz gelesen: »Berührung ist die Mutter unserer Sinne.« Von ihr geht alles aus. Der Ursprung des Lernens ist schon im Uterus die Berührung mit der Mutter, sie hält uns in einem ozeanischen Flow – in einer Kraft, die sich unaufhörlich bewegt. Die immer in Veränderung ist und im Rhythmus des einen Atems pulsiert. Diese Mutter, die die tiefsten Wunden uns bereitet, genau sie ist es auch, die sie alle wieder auflösen, erlösen und heilen kann. Welch irdisches Spiel des einen Lebens? Um Liebe immer tiefer zu erfahren, braucht es also das Erleben tiefsten Schmerzes in der Getrenntheit?
Aktuell leben wir in einer mutterlosen Welt, wir haben die Verbindung zum und Ehre gegenüber dem Mütterlichen, zur Mutter Erde verloren. Auch tief in uns mangelt es an bedingungslos annehmender, mütterlicher Liebe. Nicht nur unser inneres Kind lassen wir im Stich, sondern auch wir als Kultur verlassen nach wie vor unsere Kinder, die doch so wertvoll das Überleben unserer Menschenfamilie weitertragen. Schon mit einem Jahr und häufig noch früher geben wir sie in Einrichtungen, wo sie von fremden Menschen begleitet werden. Innerlich bricht das Vertrauen in das Leben, in den mütterlich-sicheren Grund des Lebens. Da wir Menschen mit unserem Alltag so beschäftigt sind, fällt uns nicht auf, dass sich etwas verändert, denn das Kind passt sich an, trennt schmerzende Anteile seines Selbst und überlebt tief im Innern auf seine Weise. Mit der Zeit wird das nächtliche Weinen leiser und verlagert sich immer mehr nach innen, bis es im Außen unsichtbar und auch für das Kind selbst im Inneren nicht mehr spürbar wird.
Lasst uns gemeinsam aufbrechen, den Mangel sanft lösen, uns wieder berühren und das sich lösende Alte abfließen lassen. Lasst uns dabei erkennen, wie sich eine ganz neue Haut bildet, eine Haut, die feiner und sensibler ist und gleichzeitig robuster und widerstandsfähiger. Sie ist selbstbewusst: Sie weiß, wer sie ist und was sie ist. Wie die Haut meiner Fußsohlen, die vom barfuß über Erde und Steine Laufen weich, geschmeidig, zart und gleichzeitig robust geworden ist. So schnell kann mich nichts piksen oder verletzen. Man würde erwarten, dass die Haut hart und spröde durch die tägliche hautnahe Konfrontation mit der Erde wird. Wie oben beschrieben ist das Gegenteil der Fall. Ein natürlicher Schutz stellt sich durch die zunehmende Geschmeidigkeit und Anpassungsbereitschaft der Haut ein. Als Reaktion auf einen spitzen Stein gibt sie nach, kommt sie mit und braucht dann an der Stelle nicht zu brechen oder aufzuplatzen. Die Haut wehrt sich nicht. Das Leben muss, um zu berühren, den Widerstand nicht brechen, sie gibt sich gerne hin und ist geschützt durch – wer hätte es gedacht – ihre wahre Eigenschaft der Sanftheit und Geschmeidigkeit.
Analog übertrage ich dies auf die Membran unserer Psyche. Sie wird wieder verletzlich, da die alte, starre Maske als Schutz nun fallen darf. Jetzt wird spürbar, wie stark ihre Natur ist, wenn sie in Erinnerung und ihrer Wahrheit verbunden ist: Sie tanzt mit allem, was kommt. Jede Erfahrung hat Platz, sich in ihr auszudehnen und zu fließen, nichts muss mehr versteckt und versteckt gehalten werden. Angst und Scham können als Halt gebende Identität abdanken, ja tatsächlich haben sie als Könige in unserem Reich des Bewusstseins geherrscht. Jetzt herrscht unser bewusstes Sein, unsere Seele atmet sich frei und wird neu geboren.
Als Folge verbindet sich das Becken-Selbst wieder mit dem Bauch von Mutter Erde; diese beiden ergießen sich wieder ineinander. Ich spüre das wie einen Tanz, der mich in meinem Herzen mit der Erde in Liebe vermählt. Dieses erotische Selbst, das wir sind, ist so kraftvoll und schöpferisch, die Kraft unserer Instinktnatur, die nun im Mensch-Sein aufgeht. Die Angst vor unserer wahren menschlichen Macht konnte uns jahrhundertelang erzählen, dass die Devi-Kraft (das heilig Weibliche) teuflisch – devil – sei. Das ist die Wurzel einer Urwunde, die unbewusst selbstablehnend wirkt, auch in uns Männern. Wir verlieren dadurch die Verbindung zum Paradies auf Erden. Wir wurden unserem sinnlichen Boden entrissen. Auch die Männer wurden ihres weiblichen Selbsts beraubt. Unbewusst suchen wir nach etwas, das wir schon mit unserer Geburt in diese Kultur als Erbschuld verloren haben. Wir mussten es zurücklassen, um in das geistig kollektive Feld dieser Kultur zu treten. Weil wir diesen vertrauensvollen Grund in unser Sein verloren haben, haben wir viel Angst und ausweichende Mittel entwickelt. Sexualität, wie unsere Kultur sie vorgibt, ist auch eine hervorragende Möglichkeit, die Angst und den Mangel an sinnlicher Natur zu kompensieren. Es ist Zeit, Schwester/Bruder, aufzubrechen, unsere Schätze einzusammeln, Verpackungen aufzugeben und uns ins Bewusstsein einer neuen Erde einzuschwingen. Ich freue mich über das Lied, das wir immer lauter gemeinsam in Liebe singen. Aho!!!
Zur Autorin
Seit vielen Jahren ruft Henriette die Menschen zum bewussten Fühlen auf. Sie führt dich über deine Symptome, ob im Außen oder im Körperinnen, zu deiner Wurzelwunde, an allen Ängsten vorbei. Sanft und feinfühlig hält sie einen sicheren Raum für dich, indem alles sein darf. Traumata aus der Vergangenheit können sich so aus ihrer Erstarrung lösen und ins Herz zurückfließen. Die Seele atmet auf. Die schamanische Energiemedizin unterstützt den Prozess, die schweren Energien in der Tiefe freizugeben, sodass das Herz, der Körper sich öffnen, um das nun zurückfließende Seelenselbst wieder zu empfangen.
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