Bianca Feddersen und Tanja Brock – »Portaltage helfen uns, unserem Seelenraum näherzukommen«

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Maya-Astrologie und westlicher Astrologie

Weltweit gibt es unterschiedliche Astrologiesysteme. So hat das indigene Volk der Maya seine ganz eigene Interpretation des Kosmos. Bianca Feddersen und Tanja Brock verraten im Interview, wie sich Maya-Astrologie und westliche Astrologie ergänzen und wie sich Portaltage und Dreamspell-Kalender auch bei uns im Westen nutzen lassen.

Tattva Viveka: Während der Vorbereitung auf dieses Interview stellten wir schnell fest, dass es sich bei der Maya-Astrologie um ein gänzlich anderes System als bei der westlichen Astrologie handelt. Deswegen, Bianca, erzähle uns, was an der Maya-Astrologie so anders und besonders ist.

Bianca Feddersen: Die westliche Astrologie betrachtet Planetenkonstellationen; Planetenbewegungen und Planeten, die in einer bestimmten Verbindung zueinanderstehen, und interpretiert diese. Es ist ein veränderliches System. Die Maya-Astrologie ist dagegen ein fraktales System. Das heißt, dass alles in den gleichen Zyklen und Rhythmen zurückkehrt, nur unsere Position verändert sich evolutionär dazu, und dies ist der faktische Unterschied. Das eine ist ein relativ starres, rhythmisches System, und das andere ein sehr bewegliches, obwohl es nicht bedeutet, dass die Maya-Astrologie nicht beweglich ist.

TV: Tanja, du bist auf westliche Astrologie spezialisiert. Wo liegen die Schnittmengen zwischen Maya- und westlicher Astrologie?

Tanja Brock: Zyklen sind auch in der westlichen Astrologie zu finden. Wir befinden uns permanent in Zyklen – denken wir an den Mond-Zyklus –, und auch die anderen Planeten haben ihre jeweils eigenen Zeitzyklen. Doch an der Stelle ist die westliche Astrologie im Vergleich zur Maya-Astrologie ein wenig starr, denn die Planeten, abgesehen von Pluto, haben eine festgelegte Umlaufzeit. Dennoch kann das Zyklische als Gemeinsamkeit gesehen werden. Das, was einem als Einsteiger in die Maya-Astrologie sofort auffällt, sind die Elemente. Sie tragen zwar andere Namen, korrespondieren aber trotzdem mit dem westlichen Verständnis. Die Elemente lassen sich in den beiden Astrologieformen gleichermaßen interpretieren und prägen auf ähnliche Weise die Persönlichkeiten. Aus diesem Grund wagten wir bei den Maya Astro Cards, die wir gemeinsam erstellten, die Übersetzung.

»Das Zyklische kann als Gemeinsamkeit gesehen werden.«

Bianca: Absolut! Was ich außerdem spannend finde, ist die Kombination von Rhythmen und Zyklen in der Maya-Astrologie, die davon ausgeht, dass es 20 Grundthemen des Lebens gibt, die sich ständig wiederholen. Diese Grundthemen stehen in Verbindung zu den veränderlichen Planetenkonstellationen, die ebenfalls kosmische Einflüsse auf uns haben. Das zusammen zu interpretieren, ist natürlich etwas Individuelles. Tanja hat in der Hinsicht recht, dass die Elemente eine entscheidende Rolle spielen und sich gut miteinander vergleichen lassen. In der westlichen Astrologie nutzen wir vier Elemente, genauso wie in der Maya-Astrologie. Die Archetypen der Maya-Astrologie lassen sich auch in der westlichen finden. Man kann sie nicht eins zu eins übertragen, doch gewisse Züge stimmen überein, sodass man sagen kann, dass bestimmte Charakterzüge der Archetypen aus der Maya-Astrologie sich auf die Sternzeichen-Typen adaptieren lassen.

»Die Archetypen der Maya-Astrologie lassen sich auch in der westlichen finden.«

Tanja: In der Maya-Astrologie gibt es mehr Typen, insgesamt 20. In der westlichen Astrologie sind es nur zwölf. Im astrologischen Diskurs wird zum Teil die Meinung vertreten, dass es ein 13. Sternzeichen gebe. Wer weiß, vielleicht existieren doch am Ende 20 oder mehr Sternzeichen. Die Maya-Astrologie ist an der Stelle feiner, denn sie lässt mehr Zwischentöne und Nuancen zu.

Bianca: Die Maya-Astrologie ist ein gleitender Übergang. In ihr gibt es keine feststehenden Tatsachen, sondern man wird vielmehr dazu eingeladen, verschiedene Möglichkeiten durchzuspielen, um seine Sichtweise zu erweitern.

TV: Würdest du sagen, dass die Maya-Astrologie einen größeren Interpretationsspielraum zulässt?

Bianca: Ja und Nein. Wir haben diesen Interpretationsspielraum nur, weil jeder durch seine Zeitqualität sieht. Das ist wie eine Brille, die ich aufhabe, durch die ich die Welt sehe. Mein Interpretationsspielraum ist durch die Konstellation sowieso bereits sehr weit, aber ich bemerke in den Fortbildungen, dass die Menschen, die ich ausbilde und die sozusagen eine andere Brille aufhaben, noch einmal andere Verbindungen dazu haben und Fragen stellen, auf die ich selber überhaupt nicht komme, weil diese nicht in mir angelegt sind. Genauso könnte man es erklären: Die Maya-Astrologie verhält sich wie ein Mandala, denn jeder kann seinen Anteil dazu beitragen, sei es ein Rahmen, ein Punkt oder eine weitere Kleinigkeit. Auf diese Weise entsteht ein großes Ganzes. Sie ist nicht dafür gedacht, frontal unterrichtet zu werden, sondern sie sollte so unterrichtet werden, dass jeder eine Portion Wissen für sich mitnimmt und daraufhin etwas Eigenes daraus machen kann.

Tanja: Das ist eine phänomenale Ergänzung, meiner Meinung nach. Bianca und ich haben bereits zweimal folgenden Versuch gewagt: Bianca kam in einen meiner Astrologie-Kurse, und wir besprachen an dem jeweiligen Abend gemeinsam mit den Schüler:innen ihre Maya-Archetypen. Es war niemals so – und das finde ich äußerst schön –, dass Verwirrung in dem Sinne von »Ach, dann bin ich gar kein richtiger Fisch« aufkam. Es entstand überhaupt kein Chaos, ganz im Gegenteil, es löste Aha-Momente und ein tieferes Verständnis für die eigene Persönlichkeit aus, da die Systeme als Ergänzung voneinander aufgefasst werden können. Ich war jedes Mal positiv überrascht, dass es eine Vollendung für die Menschen ergab, die sich damit auseinandersetzten.

Bianca: Man kann die Maya-Astrologie auch als ein Chamäleon beschreiben, das sich an die Umstände der Menschen anpasst. Das System verwendet oft die richtigen Wörter und diese lösen ein Verständnis dafür aus, wieso sich etwas auf eine bestimmte Weise verhält. Nicht in dem Sinne, dass man es als Ausrede für sein Verhalten oder seine Reaktionen benutzen sollte, sondern vielmehr als eine profunde Erkenntnis, wieso bestimmte Dinge im eigenen Leben passieren. Diese Erkenntnis kann es jemandem erlauben, anders mit bestimmten Begebenheiten umzugehen und ein besseres Mindset zu entwickeln. Man versteht, wieso dieses oder jenes in meinem Leben ist, infolgedessen kann ich freundlicher mit mir selbst umgehen. Das verändert alles.

»Dadurch, dass das Horoskop ständig arbeitet, ist man ebenfalls ständig dabei, an sich selbst zu arbeiten.«

Tanja: Dank Bianca habe ich vieles über mich und meinen Archetypen gelernt. Seitdem habe ich viel mehr Ruhe und Urvertrauen entwickelt. Dadurch, dass das Horoskop ständig arbeitet, ist man ebenfalls ständig dabei, an sich selbst zu arbeiten. Es ist eine konstante innere Schattenarbeit, denn es ist alles immer in Bewegung: Sei es der Mondknoten-Return oder der Lilith-Return – immer ist etwas los.

Bianca: Diese Ruhe und Zuversicht löst die Maya-Astrologie bei vielen Menschen aus. Eine Frau, die große Schwierigkeiten mit ihrem Mann hatte, nahm vor einiger Zeit an meinem kostenlosen Webinar »Maya meets Beziehung« teil, in dem ich anhand der Elemente erklärte, was die Sprache der Liebe aus der maya-astrologischen Sicht ist. Sie nahm das Besprochene mit, erklärte es ihrem Mann und vor kurzem dankte sie mir, dass ich ihre Ehe gerettet hätte.

TV: Wie drückt sich die Sprache der Liebe in den einzelnen Elementen aus? Verrate sie uns.

Bianca: Das Element Erde wird dem Körperlichen zugeordnet und drückt aus: »Ich spüre«. Wenn ich mit Menschen arbeite, die viel Wurzelrasse rot in sich tragen, frage ich: »Fühlst du das in deinem Körper?«. Wenn man in dieser Sprache spricht und den anderen fragt, ob er oder sie das, was ich sage, spüren kann, fühlt sich der Andere direkt anders angesprochen. Das Element Luft ist hingegen »Ich weiß«. Ich spüre steht in Verbindung zum Körperlichen. Es geht ins Innere und entspricht dem Yin-Prinzip. Ich spüre braucht ein wenig länger, um etwas zu erkennen, doch die, welche dem Element Luft, Wurzelrasse weiß angehören, wissen es einfach. Im Coaching-Kontext würde ich nicht zu ihnen sagen, dass sie ins Gefühl kommen sollen, sondern ich weiß, dass sie wissen. Dies ist ihre Sprache der Liebe, und ich weiß auch, was dahintersteht. Das Element Wasser steht für »Ich fühle«. Sie brauchen ebenfalls etwas länger, sie brauchen ein tiefes Gefühl, denn es ist ein Yin-Prinzip. Das Element Feuer, die gelbe Wurzelrasse, entspricht dem Yang-Prinzip, und es drückt sich durch »Ich denke« aus. Zum Beispiel »Ich denke, dass man dies so oder so machen kann.« Dem wird häufig entgegengesetzt, dass die Person aufhören solle, so viel nachzudenken. Sie solle aus dem Verstand herausgehen und mehr ins Gefühl kommen. Aber allein, dass sie sagen »Ich denke« ist bereits ein Ausdruck ihres Gefühls. Sie verspüren schnell ein Gefühl und machen sich darüber Gedanken. Während sie über das Gefühl sprechen, erhalten sie Klarheit. Es ist einfacher mit einem Menschen zu einer Lösung zu gelangen, wenn man weiß, welches seine Sprache der Liebe ist. Im Coaching- oder Beratungskontext achte ich immer darauf, welches Element überwiegt, denn so weiß ich, wie ich mit dem Menschen sprechen muss, damit sich dieser gesehen fühlt.

Der Tzolkin Kalender

TV: Wie kann man das Kalendersystem Tzolkin in der Maya-Astrologie verstehen?

Bianca: Das Maya-Jahr verläuft genauso wie unser gregorianisches Jahr. Beide haben 365 Tage, aber das Maya-Jahr setzt sich anders zusammen. Das Maya-Jahr ist nicht in 12 Kalendermonate à 30-31 Tage bzw. 28-29 Tage aufgeteilt, sondern an die westliche Astrologie angelehnt, sind es 13 Mondmonate à 28 Tage und ein Pausetag. Daraus ergeben sich ebenfalls 365 Tage. Diese Mondzählung, 13-mal 28 Tage, zeigt bereits, dass in dieser Maya-Hochkultur die Weiblichkeit gänzlich integriert war. Es wird von Neumond zu Neumond gezählt, damit ist diese Bewegung, der Rhythmus vollständig integriert. Innerhalb dieses Jahresrhythmus gibt es ein gesondertes Kalendersystem, den Maya-Kalender Tzolkin. Er setzt sich aus den vier Elementen – Element Erde, Luft, Wasser, Feuer – zusammen und zu jedem Element gibt es fünf Archetypen. Das sind bereits 20. Das hängt damit zusammen, dass wir zehn Finger und zehn Zehen haben, und alles in dieser Welt muss Hand und Fuß haben. 

»Diese Mondzählung zeigt bereits, dass in dieser Maya-Hochkultur die Weiblichkeit gänzlich integriert war.«

Daneben existieren noch die Töne. Die Töne spiegeln die 13 Grundgelenke des menschlichen Körpers wider, weil alles immer in Bewegung und im Fluss sein soll. Aus der Kombination aus 20 Archetypen und 13 Tönen ergibt sich die 260, und daraus wiederum ergibt sich ein Kalendersystem von 260 Tagen, die Kins genannt werden.

TV: Welche Rolle spielen die Portaltage in der Maya-Astrologie?

Bianca: Wenn etwas als mystisch oder magisch gilt, fahren alle sofort unhinterfragt darauf ab. Zum Beispiel lese ich in einer Modezeitschrift, dass während der Portaltage der Schleier zur Anderswelt gelichtet wird, übernehme es und verbreite es dann über Social Media zum Beispiel weiter. Wenn ich so etwas lese, verwandle ich mich in die Portaltagspolizei, die Sirene heult laut auf und ich denke mir: »Nein, das ist es nicht!«

Portaltage sind die kleinste Einheit im Maya-Kalender. Die Portaltage werden im Maya-Kalender durch schwarze Kästchen dargestellt. Wenn man es genauer betrachtet, sieht es wie ein Mensch, wie eine Doppelhelix aus, und daraufhin erkennt man, dass diese schwarzen Kästchen immer einer bestimmten Zahl, einem bestimmten Kin zugeordnet sind. Der Maya-Kalender umfasst 260 Tage, die Kins genannt werden. Die Portaltage werden schwarz im Kalender dargestellt. Sie gehören zu bestimmten Kins, und sind dafür da, damit wir unserem Seelenraum näherkommen. Die Maya-Astrologie sowie meine Wahrheit besagt, dass der Seelenraum nicht in uns wohnt, sondern wir in unserem Seelenraum wohnen. In dem Moment, in dem ein Portaltag ist, ist das Portal, also die Verbindung zu unserem Seelenraum, unserem menschlichen Selbst, für ein bestimmtes Thema geöffnet. Wenn ich das Thema hinter diesem Kin nicht kenne, stiftet es nur Verwirrung. Möglicherweise verbinde ich mich mit einer Energie, da heute ein Portaltag ist und ich mich seltsam fühle, doch ich weiß gar nicht, was für eine Energie dahintersteht.

Es könnte sein, dass es für mich etwas Gutes ist, etwas, was für mich Sinn ergibt, doch nichtsdestotrotz verbinde ich mich mit etwas, ohne das benötigte Wissen zu haben, und infolgedessen verwirrt es mich. Das heißt, dass diese ganzen Postings auf Social Media mit »Achtung, hier sind Portaltage« oder »Dies sind die Portaltage 2024« nur Verwirrung auslösen und rein gar nichts bringen. Ich gehe davon aus, dass wenn sich Menschen von Portaltagen angezogen fühlen, zum Beispiel weil es etwas mit ihnen macht, sie sich müde oder aufgekratzt fühlen, oder sie spüren, dass irgendetwas in der Luft liegt, dann ist dies ein Ruf der Seele, dass sich etwas hier vollenden und/oder gelebt werden möchte. Dafür dient dieses Kalendersystem.

Tanja: Die Portaltage sind auf Grundlage des Argüelles-Systems entstanden. Bianca und ich haben uns aufgrund der Portaltage kennengelernt, denn ich war auch eine von denen, die meinte, dass dies ein interessantes Thema sei, weil ich an manchen Tagen tatsächlich etwas Ungewöhnliches spürte, und machte diese pauschalen Floskeln, die Bianca soeben genannt hat, zu Social-Media Postings. Daraufhin schrieb mich Bianca netterweise an und erklärte mir die Bedeutung der Portaltage, die ich erst danach verstanden habe. Daraufhin begann ich mich, vertieft mit der Maya-Astrologie auseinanderzusetzen, weil ich gemeinsam mit meinem Verlag überlegt hatte, ob wir nicht das Thema Maya-Astrologie aufgreifen möchten. Doch ich erwiderte darauf, dass ich noch 20 Jahre bräuchte, um dies alles zu studieren und wirklich zu begreifen. Ich war bereits relativ weit mit meinem Exposé, und plötzlich tauchte Bianca auf, die sich ebenfalls mit dem Thema beim Verlag beworben hatte, und es war genau die Bianca, mit der ich bereits zuvor in Kontakt stand, da sie die Portaltagspolizei ist.

Bianca und ich besprechen einmal im Monat gemeinsam den Monat aus westlich und maya-astrologischer Perspektive in unserem Podcast, und wir stellen regelmäßig fest, dass es unglaubliche Koinzidenzen zwischen Vollmond/Neumond-Tagen und Portaltagen gibt. Darüber kann man sich schon wundern, und das thematisieren wir dann auch, insbesondere wenn wir die Themen Vollmond-Neumond und die Portaltage miteinander kombinieren.

Bianca: Man kann vereinfacht sagen, dass die Aussage »Heute ist ein Portaltag« mit der Aussage »Heute ist Vollmond« gleichgesetzt werden kann. Hinter dem Vollmond steht ebenfalls die Frage, zu welcher Zeit im Jahreskreis findet dieser statt, in welcher Verbindung, in welcher Konstellation, in welchem Sternzeichen steht er. Diese Variablen müssen hinzugezogen werden, und deswegen kann dieser Aspekt nicht pauschalisiert werden. Als wir begonnen haben, gemeinsam an dem Buchprojekt zu arbeiten, war meine Motivation, durch dieses Buchprojekt nicht mehr die Portaltagspolizei spielen zu müssen.

TV: Du hast gesagt, dass sich die Maya-Astrologie nach dem Mond-Kalender richtet. Kann man sagen, dass die Maya-Kultur tendenziell matriarchal ausgerichtet war und deshalb dieses Verständnis hatte?

Bianca: Vor 3.000 Jahren war die Maya-Kultur eine Hochkultur, und irgendwann ist aus dieser Hochkultur etwas anderes geworden, und zwar das, was uns kulturell übermittelt wurde: Eine Kultur, in der auch Gewalt, Krieg und weitere Grausamkeiten stattfanden. Doch ich glaube, dass es während der Hochkulturzeit weder Matriarchat noch Patriarchat gab, sondern dass es damals etwas gab, was wir nicht nachvollziehen können, wofür es womöglich noch keine Worte gibt. Gemäß meiner Wahrheit ist es so, dass dieses System damals entwickelt wurde, damit wir es im Hier und Jetzt nutzen können.

Daneben existiert noch ein weiteres Kalender-System, das ist ein kultureller und spiritueller Kalender, der noch immer in Mittel- und Südamerika benutzt wird. Ich meine, dass dieses System dort auch bleiben sollte und wir es nicht aus dieser Kultur in den Westen transportieren und uns aneignen sollten, denn es handelt sich um rituelle Aspekte, wonach die Maya ihr Gemüse und ihr Getreide anbauen, ihre Feste feiern. Dieses System, das Argüelles entwickelt hat und mit dem ich arbeite, wird Dreamspell genannt, doch es ist umstritten, weil viele sagen, dass das wahre System nur die Menschen in Mittel- und Südamerika leben. In dem Kontext frage ich mich jedoch, was ist richtig oder falsch? Das eine gehört wirklich in die Kultur, und davon sollten wir die Finger lassen, doch das andere System ist dafür da, damit wir es benutzen können. Die für mich dahinterstehende Idee war, wie ich es so übersetzen kann, dass es modern und leicht verständlich ist und so, dass wir alle damit arbeiten können.

TV: Es klingt nach einer ungemeinen Herausforderung, ein System aus solch einer alten Kultur in eine moderne Sprache und moderne Methoden zu übersetzen. Du hast Übersetzungsarbeit geleistet.

Bianca: Ja und Nein, denn ich tat das nicht bewusst. Ich studierte das System nicht, um es zu übersetzen und zu veröffentlichen. Ende der 1990er reiste ich nach Mittel- und Südamerika und kurz vor der Abreise fiel mir das Buch »Der Maya-Faktor« von Jose Argüelles quasi in die Hände. Ich kaufte es, da Mexiko meine erste Station war. Das Buch faszinierte mich außerordentlich, doch es war so kompliziert geschrieben, dass ich dachte, ich würde es niemals verstehen können. Mit der Zeit arbeitete ich das Grundsystem heraus, musste mir jedoch eingestehen, dass ich es erfahren müsste, um es tatsächlich begreifen zu können. Das war bereits 1998 – seitdem erfahre ich es und mache mir ständig Notizen dazu. Ich habe es nirgendwo gelernt und ich maßte es mir nicht an, es aus irgendwelchen Seiten zu übersetzen, sondern ich achtete darauf, was es mit mir macht, und daraufhin habe ich quer in dem Buch gelesen. Ich hatte nie die Idee, damit zu arbeiten. Meine Arbeit ist einfach daraus entstanden. Von außen kamen immer wieder Impulse, die sagten, dass das, was ich mache, wertvoll ist und wieso ich es nicht in meine Arbeit einbaue, doch von selbst bin ich nicht daraufgekommen. Das Skript für das Booklet lag beinahe fünf Jahre lang in der Schublade, weil ich nicht wusste, was ich damit machen soll. Letztlich war es noch nicht der richtige Zeitpunkt. Doch vergangenen Sommer tauchte der Impuls auf, dass ich ein Kartenset machen möchte; schrieb daraufhin den Verlag an, und zwei Tage später ging es bereits los. Mein Gefühl sagt mir, dass es geführt wurde. Denn ich bin ein sehr bodenständiger Mensch, der von Grund auf spirituell angebunden und eng mit dem Schamanismus verbunden ist, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Ich würde nie sagen, dass das Vorhersehung ist, doch irgendwie wurde ich dahin geführt. Dafür bin ich überaus dankbar.

TV: Du hast das Kartenset »Maya Astro-Cards«, das ihr gemeinsam herausgebracht habt, bereits angesprochen. Wie kann man dieses Kartenset verwenden?

Tanja: Man kann es an erster Stelle verwenden, um seinen eigenen Archetyp besser zu verstehen. Im Booklet ist ein kleiner Rechner enthalten, in dem man nachlesen kann, welcher Archetyp man ist, in welcher Welle man geboren ist, welcher Wurzelrasse beziehungsweise welchem Element man entspricht – das kann man erst einmal erforschen und in Ruhe durchlesen. Danach kann man zum Beispiel mit Hilfe der Karten an den Portaltagen – wenn man weiß, an welchem Tag ein Portaltag ist und mit welchem Archetyp der Portaltag korrespondiert – die Tagesenergie ergründen und besser verstehen, insbesondere wenn man sich, wie Bianca bereits sagte, von diesem Tag angezogen fühlt. Es besteht die Möglichkeit, Impulskarten zu ziehen. Wir haben auch zwei Varianten von Liebeslegungen entwickelt, das klassische System des antipodalen Partners sowie eine weitere. Daneben lassen sich Zustandslegungen machen, die andere Perspektiven aufzeigen. Ich verwende es mittlerweile auch für meine Vollmond- und Neumondlegungen gemeinsam mit meinen Astro-Cards mit vier bis fünf Fragen und einer Mondbotschaft, die ich bei Neu- oder Vollmond mache. Es wird spielerischer und leichter, sich an die 20 Archetypen anzunähern. Somit hat man mehr zu lernen und zu verstehen als bei den zwölf Sternzeichen, die wir sowieso in jeder Frauenzeitschrift in jedem Horoskop porträtiert bekommen und von denen so gut wie jeder eine Grundahnung besitzt. Es ist auch für spirituell Interessierte, die sich damit auseinandersetzen, ein neues, größeres und komplexeres Lernsystem, und folglich gibt es auch mehr zum Erfahren. Durch die Karten und deren Bilder, die wir gemeinsam erarbeitet haben, erhält man eine einfache Einführung. Bianca und ich saßen stundenlang zusammen und schenkten auch den graphischen Kleinigkeiten ausreichend Aufmerksamkeit, damit die jeweilige Energie gut und kraftvoll herüberkommt.

Bianca: Wir haben die ursprünglichen Maya-Glyphen zudem erhalten und mit abdrucken lassen – das sind die Symbole der einzelnen Archetypen. Auf den Karten sieht man die Maya-Glyphe im unteren Bereich. Wir haben versucht, die Bedeutung der Karte symbolisch auf den ersten Blick sichtbar zu machen, damit bessere Verknüpfungen entstehen können.

Je häufiger man die Karten benutzt, umso einprägsamer sind sie natürlich. Es nimmt Zeit und Geduld in Anspruch, da es ein umfassendes System ist, mit dem man sich beschäftigen darf, wenn man das möchte, doch wenn man zwischendurch einfach eine Impulskarte ziehen möchte, ist das ebenfalls in Ordnung. Man kann zudem die Karten nach den 20 Archetypen oder den 13 Tönen aufteilen. Dann kann ich zum Beispiel die Archetypen nehmen und anhand dieser sehen, welches Thema gerade ansteht und in welchem Rhythmus es ansteht – die beiden Aspekte gemeinsam können mich womöglich zu der Idee führen, was ich am besten machen könnte.

TV: Was könnt ihr zur aktuellen astrologischen Zeitqualität sagen? Einmal aus der maya-astrologischen Perspektive und einmal aus der westlichen?

Bianca: Wir befinden uns seit 2019 in einem 13-jährigen Weißen-Magier-Zyklus. Der Weiße Magier gemeinsam mit dem Weißen Weltenüberbrücker sind die Archetypen, die am wenigsten greifbar sind. Beide stehen für das Element Luft, und im Magier-Zyklus geht es darum, neue Strukturen zu entwickeln, um neue moralische und ethische Vorbilder zu kreieren. Was auch immer dies für den Einzelnen bedeutet. Diesen Wandel sollte man nicht als Stempel auffassen, der nun festlegt, was nun Moral ist, sondern jeder Einzelne auf dieser Welt wird aufgefordert, seine ethischen Vorstellungen über den Haufen zu werfen und neue Strukturen zu etablieren. Im ersten Jahr des Magier-Zyklus kam Corona. Das war für mich überhaupt nicht spektakulär, denn ich wusste, dass irgendetwas kommen wird, das nicht greifbar ist, sich über die Luft überträgt und uns in die Lage versetzt, unser Leben konsequent zu hinterfragen. Für jeden stellten sich folgende Fragen: Wie möchte ich dieses Leben leben? Wie will ich sein? Wie möchte ich, dass andere Menschen über mich bestimmen? Wie will ich über mich selber bestimmen? Wie soll das Miteinander funktionieren?

»Es kommen Ereignisse auf uns zu, die uns dazu drängen werden, Entscheidungen zu treffen, wie es weiterzugehen hat.«

Seit dem vergangenen Sommer – wir befinden uns zwar in einem 13-jährigen Magier-Zyklus, doch die Jahre wechseln sich auch ab – sind wir ebenfalls in einem Weißen-Magier-Jahr. Somit befinden wir uns doppelt in einem Weißen-Magier-Zyklus, und der fünfte Ton gesellt sich noch dazu. Der fünfte Ton steht für Entscheidungen. Dies ist meine Prophezeiung: Es kommen Ereignisse auf uns zu, die uns dazu drängen werden, Entscheidungen zu treffen, wie es weiterzugehen hat. Es geht darum, dass wir diese Entscheidungen nicht wahllos anderen überlassen. Vieles muss geschehen, damit sich Neues formieren kann. Gute Dinge werden aus dem Boden sprießen, mit denen wir nicht gerechnet haben, denn ich glaube, dass Menschen im Hintergrund an einem positiven Wandel arbeiten. Ihre Zeit wird kommen, insbesondere damit gewisse Entscheidungen tatsächlich umgesetzt werden. Das ist meine Prognose für das Jahr 2024. Das Maya-Jahr beginnt immer im Juli, es reicht von Juli bis Juli. Spannend wird es im Frühjahr – Januar, Februar, März und April, doch ich kann noch nicht sagen, was spannend in diesem Zusammenhang bedeutet.

Tanja: Mir wird besonders in letzter Zeit immer wieder die Frage gestellt, wann es endlich wieder ruhiger und friedlicher wird. Ich führte bereits einige astrologische Interviews für das Jahr 2024, und auf diese Frage kann ich nur mit: »Sorry, es kommen keine ruhigeren Zeiten auf uns zu.«, antworten, denn meine Prognose deckt sich mit dem, was Bianca sagte. Viele Menschen sind aufgewühlt, und deswegen möchten sie hören, dass es ruhiger und friedlicher wird – ich persönlich ebenfalls. Wenn man die Planeten beobachtet, sieht man, dass Pluto einen kleinen Abstecher in den Wassermann gemacht hat – es war unfassbar, ich habe es in meinem persönlichen Leben an diesen Tagen gespürt –, und nächstes Jahr wechselt er endgültig in den Wassermann, doch das muss in einem größeren Kontext gesehen werden. Wenn man die spirituelle Dimension der Veränderungen im Blick hat, spricht man über den Aufbruch ins Luftzeitalter. Man kann für 2024 sagen, dass man Sicherheit nicht weiter im Außen suchen sollte, sondern in sich selber finden muss.

In 2024 wird Anpassungsfähigkeit gefragt sein. Einige Planeten wie der Neptun und der Saturn befinden sich noch in den Fischen – wir schwimmen also in einer starken Fische-Energie und die Zwillings-Energie wird sich noch dazugesellen. Man muss immer einen Plan B und C haben und für diese auch offen sein. Man wird spontan reagieren können und müssen, unser persönliches und globales Leben wird uns noch stärker dazu auffordern, fluide und flexibel zu sein mit all dem, was mit uns geschieht.

Bianca: Es ist eine Umbruchszeit. Der bestehende Frust wird oft auf äußere Umstände projiziert. Dies kann sich nur legen, wenn wir unserem eigenen Frust begegnen und uns an dieser Stelle für eine Veränderung öffnen. Dies wäre der Beginn einer Beruhigung. Ansonsten wird es aufgewühlter, das ist die Zeit, das ist Evolution. Die Menschheit wächst, und was wir derzeit erleben, sind die Wachstumsschmerzen. Wenn ich nicht wachsen will, tut es weh und es ist unangenehm, und genau da muss ich hinblicken. Der Weiße Magier sagt: »Ich schleife dich so lange, bis du leuchtest, und zwar nicht vom Ego her, sondern aus dem Herzen heraus.« Das haben wir in den kommenden Jahren noch vor uns.

Das Interview führten Alice Deubzer und Stefanie Aue.

Bianca Feddersen und Tanja Brock
Bianca Feddersen und Tanja Brock

Zu den Autorinnen

Tanja Brock, geboren 1985, Sternzeichen Zwillinge mit Aszendent Waage, versteht sich als moderne Astrologin. Nach einem Studium der Kunstgeschichte und Geschäftsführung einer Modeboutique schloss sie mehrere psychologische, spirituelle und astrologische Ausbildungen ab. Ihr Ziel ist es, die Weisheitslehre des Kosmos unverstaubt und lebensnah zu vermitteln. Mit viel Freude schreibt sie über astrologische und spirituelle Themen, berät Menschen zu ihrem Geburtshoroskop und unterrichtet Astrologie. Sie lebt in München.

tanjabrock.de / @_innerwisdom_

Bianca Feddersen ist schon mit Anfang 20 in die Persönlichkeitsentwicklung und bewusste Spiritualität eingetaucht und arbeitet seit 2004 als Maya-Astrologin und Beziehungsexpertin. Ihr Ziel ist es, moderne und lebensnahe Maya-Astrologie zu lehren, um Individualität und dadurch eine bessere Beziehung zu sich selbst in diese Welt zu bringen.

bianca-feddersen.de / @biancafeddersen

Bildrechte

Portrait Feddersen: Kristina Klinger
Tzolkin Kalender: Bianca Feddersen/Königsfurt-Urania Verlag
Weitere Bilder: Königsfurt-Urania Verlag

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