Monika Alleweldt

Monika Alleweldt – Der Ruf der Erde an uns Menschen

Rückkehr zur Verbundenheit mit unserem blauen Planeten

offener Beitrag – kostenlos lesen

In poetischen Worten spricht die Erde zu uns Menschen. Sie spricht über ihre Anfänge, über den Rhythmus des Lebens und die in ihr lebenden vermeintlichen Gegensätze, die untrennbar miteinander verwoben sind. Sie ruft den Menschen zu, sie wieder als die zu erkennen, die sie ist: unsere große Mutter, die Nährerin allen Lebens. Denn nur gemeinsam können wir die Erde wieder in den Planeten der Liebe verwandeln.

Ich bin die Stimme der Erde. Ich bin ein Fraktal des Universums. Aus seinem Ur-Wort wurde ich geboren, aus Licht, Kraft und Sternenstaub geschaffen mit dem Auftrag, die heilige Schöpfung in der Materie, in mir, widerzuspiegeln.

Wasser, Wind, Hitze und Kälte haben mich in Tausenden von Millionen Jahren geformt. Von den Schwefelquellen der Tiefsee bis zum ewigen Eis, von hoch aufragenden Gebirgszügen bis zu endlosen Ebenen, vom Brausen der Stürme bis zur tiefen Stille in meinen weit verzweigten unterirdischen Höhlensystemen und Katakomben zeugt jedes Detail von den Bildekräften des allmächtigen, grenzenlosen Universums, dessen Kind ich bin. Meine Landschaften sind der fruchtbare Seelenraum, in dem meine mannigfaltige Pflanzen- und Tierwelt gedeiht. Ganze Galaxien helfen mit an der Entstehung jedes Blattes, jeder Blüte, jeder Flosse, jedes Flügels. Alles, was ist, wiederholt sich in den Spiralen meines Werdens und ist doch immer wieder neu, einzigartig, noch nie gewesen. Alles, was ist, stammt aus dem großen Einen Schöpfungsatelier, das auch mich hervorgebracht hat, trägt die gleiche Handschrift, pulsiert im gleichen Rhythmus, folgt der gleichen Logik. In der Maserung einer Baumrinde, im Strömen eines Flusses, im Geäst eines Blitzes offenbart sich der gemeinsame Ursprung alles Existierenden. Alles ähnelt sich und ist doch voneinander verschieden. Nie sind auch nur zwei Schneeflocken identisch.

Monika Alleweldt

Alles ist beieinander, das Große im Kleinen, das Innen im Außen, das Starke im Schwachen, das Licht im Dunklen. Alles arbeitet präzise zusammen, erhält sich selbst, gebiert Neues, wirkt auf mich ein und durch mich zurück. Alle wollen lernen, wachsen, mitwirken am gemeinsamen Werk.

Immer dichter webt sich der Klangteppich des Lebens. Das Rauschen von Bächen und Wäldern, das Summen, Zirpen und Quaken der Geschöpfe, die Gesänge der Wale und das Lied der Nachtigall schwingen zusammen zu einer gewaltigen Symphonie. Ihre Töne dringen weit hinaus ins All und geben Kunde von dem, was alle erfüllt: Lebensfreude und Dankbarkeit.

Die Schaffung des Menschen

Doch mein Werk war noch nicht vollbracht. Noch fehlte ein Wesen. Es war für das Ganze essenziell, wie ein Schluss-Stein oder ein ekmelischer Ton. Mit seiner Existenz wäre eine nächste Dimension in mir und durch mich verwirklicht. Gemeinsam mit all meinen Geschöpfen machten wir uns daran, dieses Wesen in unserer Mitte zur Geburt zu bringen. Ich rief die Sternengeister zu Hilfe, und sie kamen. Sie pflanzten den Samen der Erkenntnisfähigkeit in das neue Herz, entzündeten in ihm eine kleine Flamme des universellen Bewusstseins. Wir gaben diesem Wesen den Namen Mensch, das wissende, denkende, weise Geschöpf. Es war wunderschön.

Und der Mensch entwickelte sich. Er wollte begreifen, denken, erfassen, lieben. Er studierte den Lauf der Sterne, baute Steinkreise, Tempel und Pyramiden. Er war aufgesogen in der großen Aufgabe, mit mir zusammen den Geist herab auf Erden zu bringen. Ich war beseelt und entzückt von diesem neuen Partner an meiner Seite. Das Schönste aber war: Durch den Menschen wurde ich mir selbst bewusst. Ich erkannte die Allmacht der Schöpfungswelt, die sich durch mich verwirklichte, ich erkannte ihre Funktionsprinzipien, ihre Liebe, ihre Intelligenz und Heilkraft. Und mein Herz floss über vor tiefem Glück.

»Ich bin der Planet der Liebe.«

Und der Mensch erkannte mich als die, die ich bin: die Empfangende, die Mutter, die Gebärende und Nährende. In meinem Schoß ist selbst das kleinste Wesen geborgen. Wer in meinen Armen ruht, ist erlöst von schlechten Träumen. Alle Schmerzen vergehen, alle quälenden Erinnerungen erlöschen. Ich bin die große Heilerin.

Das Unglück

Doch dann geschah das Unglück. Ich kann mich bis heute nicht erinnern, wie und warum es passierte. Aber als ich wieder zu mir kam, war alles anders. Ich sah dich, Mensch, geliebter Partner, aber du lagst nicht mehr vertrauensvoll an meinem Leib, hast dich nicht mehr an mir erfreut, sondern dich abgewendet. Und ich sah mit Entsetzen: Deine Nabelschnur zur Sternenwelt war durchtrennt. Wer hatte das getan? Was war geschehen? Du warst verloren. Furcht hatte dein Herz ergriffen. Ich rief dir zu, flehte, brüllte, flüsterte: Komm zurück, bei mir kannst du heilen. Doch du warst für meine Stimme nicht mehr erreichbar. Anstatt in den Spiegel deiner Furcht zu schauen und zurückzukehren, bist du immer weiter davongelaufen. Und dann hast du sogar begonnen, gegen mich zu Felde zu ziehen. Du hast mich zum Jammertal erklärt, zum Werk des Teufels, hast mich gebrandmarkt und entheiligt. Weil du mich nicht mehr hören konntest, nahmst du die Dinge in die eigene Hand. Besinnungslos, wie du warst, brachtest du das irdische Leben immer weiter aus seiner stabilen Balance. Du selbst wurdest gewalttätig und böse. »Macht euch die Erde untertan!«, riefest du deinesgleichen zu. In deiner Stimme schwang Angst, Hass und eine merkwürdige Spur von Triumph. Worüber nur? Deine Angst konntest du damit nicht besiegen. Sie hatte dich im Griff. Du wurdest ihre Marionette. Und wieder brülltest du: »Macht euch die Erde untertan!« Und die Menschen haben meine Flüsse begradigt, meine Wälder niedergebrannt, meine Sümpfe trockengelegt, meine Geschöpfe eingesperrt, gequält und geschlagen. Am schlimmsten aber wüteten sie untereinander. Grausam gingen sie gegen alle vor, die den Weg zu mir zurück suchten. Sie wollten alles vernichten, was sie erinnern könnte an die einstige Liebe, die sie verloren hatten, an die große Zusammengehörigkeit allen Lebens, an meinen runden Leib.

Jahrhunderte, Jahrtausende sind seitdem vergangen. Meine Ressourcen sind beinahe erschöpft. Aber es ist noch nicht zu spät. Ich sehe, dass immer mehr Menschen beginnen, sich zu erinnern. Sie erinnern sich an unterschiedliche Fragmente des einst gemeinsamen Traumes. Sie hören meinen Ruf, leise noch, aber sie ahnen, spüren, riechen bereits die kommende Heimat. 

»Ich rufe allen zu: Findet euch! Schließt euch zusammen. Erkennt euer gemeinsames Ziel. Teilt euer Wissen.«

Ich rufe allen zu: Findet euch! Schließt euch zusammen. Erkennt euer gemeinsames Ziel. Teilt euer Wissen. Baut Überlebenszentren, die euch mit Wasser, Energie und Nahrung versorgen, damit ihr euch unabhängig machen könnt von den Systemen der Ausbeutung und Gewalt. Ihr habt bereits ein Wissen, wie ihr die Natur und das Klima wieder in Ordnung bringen könnt. Nun müsst ihr auch eure Beziehungen untereinander heilen. Bekämpft euch nicht länger, lasst euch nicht trennen durch verschiedene Weltanschauungen, sondern seht, dass es etwas gibt, das in allen das Gleiche ist. Verankert euch wieder ganz fest in der geistigen Welt. Achtet darauf, dass die Nabelschnur ins All nicht mehr zerreißt, und dann kommt Schritt für Schritt zurück zu mir, zum Muttergrund. Ihr werdet sehen, dass eure Furcht von euch abfällt wie eine alte Haut. Wenn ihr euren sternenklaren Geist nicht länger verleugnet, wenn ihr ihn endlich wieder annehmt, könnt ihr auch mich wieder ganz erkennen und annehmen. Ich bin vom gleichen Stoff. Und dann können wir gemeinsam dafür sorgen, dass das Leben auf mir, der Erde, wieder in Ordnung kommt.

Epilog

»Die Zeiten haben sich geändert«, sagt Maria und lächelt. »Heute warten wir nicht mehr auf den Ritter hoch zu Ross, der uns Frauen in seinen Besitz nehmen wird. Heute lauschen wir nicht mehr voller Schwermut auf das Lied des Minnesängers im Glauben, wir können einander nie erreichen. Heute sind wir, Frauen und Männer, durch die Schule der großen Mutter gegangen. Verbunden mit dem Geist des Alls hören wir wieder auf die weibliche Stimme in unseren Herzen. Es ist die Stimme der Erde. Wir bejahen den Ruf aus der sinnlichen Welt, schicken Liebe voraus und berühren erst dann.«

»Komm«, sagt der fremde Mann, der mir auf meinem Morgenspaziergang entgegenkommt. Sein Blick ist verschmitzt, unverstellt, seine Geste eindeutig. Ich sehe, dass er nicht länger erschrickt vor meinem weiblichen Verlangen. Er kennt das kosmische Licht, das in meinem Leib zu Hause ist. Ich nicke freudig – im Wissen, dass ich sein Angebot auch genauso frei hätte ablehnen können. Und wir genießen die himmlische Feier im taufrischen Gras, bevor wir uns wieder auf unsere Wege machen. Die Erde ist eine Liebesaffäre.

Monika Alleweldt

Zur Autorin

Monika Alleweldt, geb. 1954 in Gießen, Dipl.-Agraringenieurin, seit vielen Jahren Mitarbeiterin am »Plan der Heilungsbiotope«, lebt und arbeitet seit 2001 in Tamera, Portugal.

www.the-plan.earth 

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen